DFB-Team gegen Ungarns RB-Achse

Der Außenseiter wittert seine Chance. Nach dem 4:0-Triumph in England reist Ungarn als Tabellenführer der deutschen Nations-League-Gruppe nach Leipzig.

Für Peter Gulacsi, Willi Orban und Dominik Szoboszlai von RB Leipzig wird es ein ganz besonderes Spiel an diesem Freitag (20.45 Uhr/ZDF) in der Red Bull Arena. «Wir spielen auswärts und zu Hause. Wir haben nichts zu verlieren, wir werden dorthin fahren und es genießen», sagte Stürmer Szoboszlai. Das Trio kann mit einem Sieg gegen die RB-Teamkollegen Timo Werner, David Raum und Benjamin Henrichs sogar schon den Gruppensieg perfekt machen, wenn Italien nicht zeitgleich gegen England gewinnt.

Allerdings muss Ungarns Trainer Marco Rossi auf die verletzten Roland Sallai und Zsolt Nagy verzichten, die am 14. Juni beim sensationellen 4:0 in Wolverhampton glänzten und vier der insgesamt sieben Tore der Ungarn in der Gruppe B erzielten. Für Kapitän Adam Szalai ist es ein Abschiedsspiel, der frühere Bundesligaprofi will sich im Alter von 34 Jahren künftig nur noch auf seine Aufgaben beim FC Basel konzentrieren.

Offensivspieler Szoboszlai steht im Mittelpunkt

Der Fokus liegt aber auf Szoboszlai, der im Hinspiel am 4. Juni in Budapest den Elfmeter beim 1:0 gegen EM-Finalist England verwandelte. DFB-Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, der lange Zeit in Ungarn lebte, berichtete: «Dort vergleicht man ihn schon mit Ferenc Puskas.»

Die prägende Figur seines bisherigen Lebens ist für Szoboszlai allerdings nicht Ungarns Fußball-Ikone Puskas, sondern sein Vater. Besonders ein Geräusch von Zsolt Szoboszlai ist dem Junior im Ohr geblieben. «Als ich klein war, hat er immer gepfiffen. Das ist in meinem Kopf geblieben. Wenn am Platz 20 Leute gleichzeitig pfeifen, weiß ich genau, wer davon mein Vater ist», sagte der RB-Profi, der im Winter 2020 nach Leipzig kam.

Auch, weil sich Gulacsi für ihn stark gemacht hatte. Zwar freute sich auch Ungarns und Leipzigs Abwehrchef Orban auf den schussstarken Nationalmannschaftskollegen, doch der in Kaiserslautern als Vilmos Tamas Orbán geborene RB-Verteidiger konnte es sprachlich nicht ganz perfekt ausdrücken, klärte Szoboszlai später schmunzelnd auf.

Während Gulacsi und Orban als Musterprofis gelten und bei Vereins- und Verbandstrainer gesetzt sind, musste sich Szoboszlai in Leipzig erstmal durchsetzen. Unter Julian Nagelsmann und Jesse Marsch war er oft nur zweite Wahl, von Neu-Trainer Marco Rose bekam er als ehemaliger Salzburger Schüler nun sofort das Vertrauen geschenkt – und zahlte es mit dem Tor gegen Dortmund zurück.

Rossi: «Deutschland die stärkste Mannschaft»

Nun ist er gegen die Deutschen gefordert. Das Hinspiel am 11. Juni in der Puskas-Arena endete 1:1. «Ich denke, Deutschland ist die stärkste Mannschaft, auf die wir treffen könnten», sagte Rossi und betonte: «Wir werden alles tun, um ihnen die Arbeit so schwer wie möglich zu machen, damit unsere Fans wieder stolz auf uns sein können». Das DFB-Team hätte in Ungarn auch gewinnen können, doch Timo Werner und David Raum scheiterten mehrmals an Gulacsi.

Der Nationaltorhüter wurde in seiner Heimat schon zweimal zum Fußballer des Jahres gewählt. Trotz der Politik des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban setzt sich der RB-Kapitän in seiner Heimat für die Rechte sexueller Minderheiten ein. So sprach er sich vor allem gegen eine Verfassungsnovelle vom 16. Dezember 2020 aus, nach der homosexuellen Paare die Adoption von Kindern verboten ist.

«Jeder Mensch hat das Recht auf Gleichberechtigung. So hat auch jedes Kind das Recht, in einer glücklichen Familie aufzuwachsen – ganz egal, aus wie vielen Menschen sie besteht, welche Hautfarbe man hat, wen man liebt oder an was man glaubt», schrieb Gulacsi damals.

Von Frank Kastner, dpa