Elfmeterheld Konstantin Heide und Paris Brunner als bester Turnier-Spieler tanzten im Konfettiregen mit den anderen deutschen Fußball-Weltmeistern.
Die U17-Nationalmannschaft hat ihr WM-Märchen nach einem dramatischen Elfmeterschießen mit dem Titel glorreich vollendet. Bei der Siegerehrung durfte ungewöhnlicherweise als allererster Trainer Christian Wück den Pokal in die Höhe recken.
«Wir sind Europa- und Weltmeister. Ich habe den Jungs gesagt, sie machen sich unsterblich», schwärmte der Coach. «Wenn einer den Charakter der Mannschaft kennengelernt hat, dann heute in diesem Spiel mit solchen Widerständen zu kämpfen. Selbst im Elfmeterschießen hinten zu liegen, immer an sich zu glauben – das ist unglaublich.»
Heide pariert zwei Elfmeter
Wie bei der Nervenprobe vom Punkt gegen Argentinien avancierte Heide auch im Krimi gegen Frankreich zum Helden. Der Torhüter der SpVgg Unterhaching, der im Halbfinale sein WM-Debüt gefeiert hatte, parierte gleich zweimal, ein weiterer Versuch ging beim finalen Wahnsinn über das Tor.
Nach zwei deutschen Fehlschüssen erlöste der Dortmunder Almugera Kabar mit dem 4:3 im Elfmeterschießen den Deutschen Fußball-Bund mit dem ersten Weltmeisterschaftstriumph in dieser Altersklasse. «Weltmeister! Ihr habt es euch verdient. Respekt für diese großartige Teamleistung, das packende Turnier und die Begeisterung, für die Ihr gesorgt habt», beglückwünschte Bundeskanzler Olaf Scholz die Teenager.
Bei der Neuauflage des EM-Finales in Surakarta wurde es beim 2:2 nach 90 Minuten nach Toren des Dortmunders Paris Brunner (29. Minute/Foulelfmeter) und von Barça-Spieler Noah Darvich (51.) durch einen Gegentreffer von Saimon Bouabré (53.) immer spannender – erst recht in Unterzahl nach Gelb-Rot für Winners Osawe (69.). Nach dem 2:2 durch Mathis Amougou (85.) retteten sich die jungen Fußballer mit letzter Kraft ins Elfmeterschießen, wo das deutsche Team 11.000 Kilometer von der Heimat entfernt im Stile einer Turniermannschaft mitriss.
«Diese Mannschaft hat uns alle emotionalisiert, wir sind mächtig stolz auf das Team», sagte DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig. Präsident Bernd Neuendorf sieht nach tristen Tagen für das A-Nationalteam die Chance auf viel Schwung. «Dieser Erfolg ist ein großartiger Jahresabschluss, der uns beim DFB Rückenwind für das EM-Jahr 2024 geben wird», sagte Neuendorf.
Heide strahlte beim Elfmeterschießen, versuchte gestenreich auf die Schützen einzuwirken und strahlte jede Menge Selbstvertrauen aus. «Im Elfmeterschießen war Konti wieder unglaublich», sagte Kapitän Noah Darvich. Bastien Meupiyou scheiterte an Heide, Nhoa Sangui traf die Oberkante der Latte. Auf deutscher Seite scheiterten Eric da Silva Moreira und Brunner. Als auch das Elfmeterschießen in die Verlängerung ging, war Heide dann für Tidiam Gomis zu stark.
Ungeschlagen bei EM und WM
Keine Niederlage bei der EM, ungeschlagen bei dieser WM in Indonesien – eine hoffnungsvolle DFB-Generation krönte ihre spannende Geschichte mit dem überschwänglich bejubelten Erfolg im Manahan Stadium. «Ich bin so dankbar, diesen Jahrgang betreuen zu dürfen. Es war unser letztes Spiel zusammen. Mir fehlen die Worte», sagte Wück, der via TV seine Töchter grüßte.
Wie bei seinem Siegtreffer gegen Spanien im Viertelfinale und seinem großen Auftritt beim Elfmeterkrimi gegen Argentinien im Halbfinale war auf die Torgefahr von Brunner auch diesmal verlass. Sicher verwandelte er einen nach langem Videostudium gegeben Strafstoß. Nach dem 2:0 von Darvich warfen sich die Kollegen im Gefühl des WM-Titels auf den Torschützen. Frankreich schlug fast postwendend zurück und ließ Deutschland lange leiden.
DFB-Team überzeugt mit «deutschen Tugenden»
In den WM-Tagen in Südostasien überzeugte das Team um den mit dem goldenen Ball als besten Turnierspieler ausgezeichneten Brunner mit individueller Klasse, mannschaftlicher Geschlossenheit und den von ihrem Trainer gerne angeführten «deutschen Tugenden». Nach tristen Auftritten der A-Nationalmannschaft verzückten die Talente Fußball-Deutschland auf dem Weg ins Endspiel – und dort bei 26 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent erst recht. «Jawoll, da ist das Ding. Letzten Schritt gegangen. Wahnsinns-Finale!», frohlockte Bastian Schweinsteiger, der wie sein 2014er Weltmeisterkollege Thomas Müller gratulierte: «Sensationelle Leistung.»
Im ersten deutschen Endspiel in dieser Kategorie seit 1985, damals wurde noch mit U16-Teams gespielt, lieferte die Mannschaft um Kapitän Darvich vom FC Barcelona wie schon im Viertelfinale gegen Spanien oder im Halbfinale gegen Argentinien wieder viel Drama und Spannung. «Es war ein Krimi wie die Runden davor», sagte Sportdirektor Rudi Völler bei RTL. «Oftmals sind es genau diese Jahrgänge, die viele Jahre später auch Karriere machen.»