Es wäre zu schön gewesen, hätten die beiden in Abneigung verbundenen Granden des Weltfußballs direkt nacheinander auf derselben Bühne über das große Streitthema gesprochen.
FIFA-Präsident Gianni Infantino ließ sich – vielleicht in weiser Voraussicht – aber entschuldigen und schickte nur eine Videobotschaft an die Generalversammlung der mächtigen Club-Vereinigung ECA. Das Treffen nutzte UEFA-Chef Aleksander Ceferin gekonnt, um gegen die heikle FIFA-Studie zur Verkürzung des WM-Rhythmus zu opponieren.
Die Weltmeisterschaften hätten «gerade wegen ihrer Seltenheit ihren Wert», sagte der Slowene über das derzeit wie die Europameisterschaft (noch) alle vier Jahre ausgerichtete, milliardenschwere Großereignis. Die WM alle zwei Jahre zu veranstalten, würde das Turnier selbst entwerten. «Mehr ist nicht immer besser», sagte Ceferin – ein Satz, der kaum zur Entwicklung des Weltfußballs passt.
Ab 2026 WM mit 48 Teams
Die umstrittene WM 2022 in Katar wird letztmals mit 32 Teams ausgetragen. Zum übernächsten Turnier 2026 in den USA, Kanada und Mexiko erhöht sich die Teilnehmerzahl auf 48 Mannschaften. Die Aufstockung war eins von Infantinos Versprechen an die FIFA-Mitglieder bei seiner ersten Wahl im Februar 2016. Im Mai hatte der Kongress des Weltverbands eine Machbarkeitsstudie für das Männer- und Frauen-Turnier auf den Weg gebracht. Angeregt aus Saudi-Arabien, wohin Infantino dem Vernehmen nach gute Beziehungen pflegt.
Unweit entfernt, in der WM-Gastgeberstadt Doha, ruft die FIFA an diesem Mittwoch und Donnerstag zu einer (Online-)Konferenz einer «Gruppe von Spitzenfußballern und -trainern aus sechs Kontinenten» zur Zukunft des «globalen Fußballs». Dazu zählen etliche große Namen – aus Deutschland Rekordnationalspieler Lothar Matthäus und Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann sowie Rio-Weltmeister Sami Khedira. Jeder sucht sich seine Verbündeten.
«Meine lieben Freunde», sagte Ceferin bei der ECA-Generalversammlung in Richtung der Delegierten. Die europäischen Clubs haben fast alle Spitzenspieler dieser Welt unter Vertrag. Und es wird ihnen kaum gelegen kommen, diese noch häufiger zu kräftezehrenden Großturnieren abstellen zu müssen. Einige Nationalverbände in Europa könnten dagegen eher die FIFA unterstützen, die insbesondere in Afrika Stimmen für die Studie sammeln konnte.
Bei den Fans kommt der Vorschlag gar nicht gut an. Die ARD-«Sportschau» zitierte aus einem Brief, den das Bündnis «Football Supporters Europe» veröffentlichte. «Die überwältigende Mehrheit der Fans ist gegen eine alle zwei Jahre stattfindende WM», zitierte die «Sportschau» und wies darauf hin, dass mehr als 50 Fan-Organisationen zu den Unterzeichnern gehören – auch aus Deutschland.
UEFA-Konferenz in Nyon
An diesem Donnerstag und Freitag richtet auch die UEFA an ihrem Sitz in Nyon eine große Konferenz zur Zukunft des europäischen Fußballs aus. «Das ist, wo wir beginnen, in eine leuchtendere Zukunft aufzubrechen, zusammen», sagte Ceferin. Die ECA, die UEFA, die FIFA – alle konferieren. Beim Weltverband ist Arsène Wenger eine zentrale Figur.
Der einstige Erfolgstrainer des FC Arsenal ist inzwischen bei der FIFA als Leiter für die globale Entwicklung des Fußballs angestellt – und der 71 Jahre alte Franzose wird bei etlichen Gelegenheiten vorgeschickt, um für einen neuen WM-Rhythmus zu werben. «Inzwischen gehören 211 Länder zur FIFA – und 133 davon haben noch nie eine WM gespielt. Diese Länder schauen alle vier Jahre zu ohne jede Chance, selbst daran teilzunehmen», sagte Wenger im Sommer dem «Kicker». Als Entgegenkommen sollen die Clubs statt wie bislang mehrmals im Jahr nur noch ein- oder zweimal für längere Zeit ihre Profis zu den Nationalteams schicken müssen.
«Der internationale Spielkalender braucht das nicht», sagte Ceferin am Montag. Auch die Spieler bräuchten nicht noch einen Sommer mit einem Turnier statt einer Pause. Kurz nach der Rede des UEFA-Präsidenten wurde verkündet, dass Infantino «leider» nicht persönlich anwesend sein könne. In seiner Videobotschaft vor blauem FIFA-Hintergrund erwähnte der Schweizer den WM-Plan nicht konkret, er machte aber deutlich: «Es gibt keine Tabuthemen, die Tür der FIFA ist offen für jede Idee, für jeden Vorschlag. (…) Wir sollten das nicht als eine Art Kampf sehen, wie ich es hier und da höre.»