DOSB-Präsident Alfons Hörmann zieht die Konsequenzen aus der schweren Führungskrise und wird bei den Neuwahlen auf der Mitgliederversammlung im Dezember nicht mehr antreten.
Auch der Vizepräsident für Wirtschaft und Finanzen, Kaweh Niroomand, wird sich nicht erneut zur Wahl stellen, teilte der Deutsche Olympische Sportbund mit. Das DOSB-Präsidium habe einstimmig entschieden, auf die angekündigte Vertrauensabstimmung zu verzichten und im Dezember vorgezogene Neuwahlen durchzuführen.
Weg freimachen für einen Neuanfang
Mit der zunächst für September angekündigten Vertrauensabstimmung im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung sollte der Vorschlag der Spitzenverbände umgesetzt werden. Nach erneuten, intensiven Beratungen mit den drei Verbändegruppen solle mit den nun vorgezogenen Neuwahlen «ein grundsätzlicher Neuanfang» ermöglicht werden, hieß es in der Mitteilung.
«In den vergangenen siebeneinhalb Jahren haben wir als Team alles dafür gegeben, den DOSB und den nationalen Sport zu professionalisieren und ihm eine starke Stimme zu geben», sagte Hörmann. «Wir haben gemeinsam viel erreicht.» Dennoch wolle er im Dezember den Weg frei machen für einen Neuanfang an der Spitze des Dachverbandes. «Der DOSB und der gesamte Sport brauchen Stärke und Geschlossenheit, um weiterhin erfolgreich agieren und die Interessen der Mitgliedsorganisationen vertreten zu können», meinte er. «Das Wohl des deutschen Sports muss immer über den Ambitionen und Zielen der handelnden Personen stehen.»
Geordneter Übergang
Ob die vier weiteren Vizepräsidenten sich erneut zur Wahl stellen, werden diese zu gegebener Zeit bekanntgeben, hieß es weiter. Das Präsidium werde in den kommenden Monaten einen geordneten Übergang vorbereiten und alles dafür tun, die Athleten bestmöglich bei den Olympischen und Paralympischen Spielen in Tokio zu unterstützen. Offen blieb, ob Hörmann als Delegationsleiter das deutsche Team mit nach Tokio begleiten wird.
Der Widerstand gegen die DOSB-Spitze um den seit 2013 amtierenden Präsidenten Hörmann war immer größer und von Rücktrittsforderungen vom Chef des Dachverbandes begleitet worden. Vor allem dem 60-jährigen Wirtschaftsmanager wurde ein unangemessener Führungsstil («Klima der Angst») und eine teilweise Missachtung von Corona-Regeln in der Frankfurter Zentrale vorgeworfen.
Auslöser der Krise
Ausgelöst wurde die Krise durch Vorwürfe in einem anonymen Schreiben von Mitarbeitern. Daraufhin hatten Präsidium und Vorstand des DOSB die Ethikkommission gebeten, die Anschuldigungen zu untersuchen. Das Gremium unter dem Vorsitz des früheren Bundesinnenministers Thomas de Maizière hatte in einem Bericht am 7. Juni empfohlen, dass im Dezember auf der Hauptversammlung um ein Jahr vorgezogene Neuwahlen einberufen werden sollten.
Für großen Unmut hatte gesorgt, dass die DOSB-Führung der Empfehlung nicht Folgen wollten und nach den Olympischen und Paralympischen Spielen in Tokio im September auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung die Vertrauensfrage stellen wollte. Dies wurde von den Spitzenverbänden unterstützt, aber von den Landessportbünden einstimmig abgelehnt, die auf die Umsetzung der Empfehlung der Ethikkommission pochten.
Fehlendes Vertrauen
Das Gremium von de Maiziére hatte nach Prüfung der Anschuldigungen in seinem Bericht festgestellt, dass es im DOSB an wechselseitigem Vertrauen und Zutrauen zu den Mitarbeitern fehle. Es gäbe «zu viel Selbstbespiegelung, Demotivation und Gerüchte, Unzufriedenheit und Unklarheit». Das sei ein Zustand, der auch mit dem Führungsverhalten von Präsidium und Vorstand zusammenhängen müsse.
In einem Interview mit dem Deutschlandfunk legte Ex-Minister und CDU-Politiker de Maiziére am 13. Juni noch einmal eindringlich nach: «Diese ganze Atmosphäre muss enden. Und dazu braucht man einen Prozess, und der Prozess heißt Herstellung von Vertrauen.»