Dreimal ist genug: Basketballer bekämpfen WM-Pannenserie

Die ganz großen Namen sind abgesehen von Luka Doncic gar nicht dabei – und genau das ist eine vielleicht einmalige Chance für die deutschen Basketballer. Während NBA-Topstars wie Nikola Jokic oder Giannis Antetokounmpo das eigene Rennpferd anfeuern oder Verletzungen auskurieren, haben Dennis Schröder und Co. früh signalisiert: Für uns zählt diese WM!

«Das Engagement und der Einsatz sind absolut herausragend. Wir haben einige Leute, für die das eine absolute Ehre ist», sagte Bundestrainer Gordon Herbert der Deutschen Presse-Agentur vor dem WM-Start gegen Japan an diesem Freitag (14.10 Uhr/Magentasport).

Dreijahresplan bis Paris 2024

Das Team um Spielmacher Schröder und Riesentalent Franz Wagner hat sich früh auf einen Dreijahresplan verständigt. Die Heim-EM im Vorjahr endete mit Bronze, nun folgt die WM mit Spielorten in Japan, Indonesien und auf den Philippinen – 2024 soll es dann möglichst in gleicher oder ähnlicher Besetzung zu Olympia nach Paris gehen.

«Da habe ich früher als kleines Kind schon zugeguckt. Die Olympischen Spiele sind ein Mega-Event, auch um andere Sportarten besser kennenzulernen. Ich glaube, da hätte ich richtig Bock», sagte Franz Wagner dem Fachmagazin «Big». Die beiden besten europäischen Teams lösen das Ticket für die Sommerspiele direkt.

Auf den Spuren von Nowitzki

Dabei hat Deutschland bei Weltmeisterschaften etwas gutzumachen. 2010 setzte es mit einer Niederlage gegen Angola das Vorrundenaus, 2014 qualifizierte sich das Team nach mieser EM erst gar nicht. Vor vier Jahren in China prägte der damalige Bundestrainer Henrik Rödl den Satz: «Wir haben das beste Team, das Deutschland je hatte.»

Nur ein paar Tage später war die WM für sein Team nach einer Niederlage gegen die Dominikanische Republik schon wieder nach der Vorrunde vorbei. Als Deutschland letztmals ein K.o.-Spiel bei einer WM bestritt, war der 2001 geborene Franz Wagner gerade im Kindergarten.

Jetzt ist er gemeinsam mit Schröder, Daniel Theis und seinem Bruder Moritz das Gerüst des Teams, das auf den Spuren von Dirk Nowitzki und Co. wandelt. «Im Endeffekt sind die Rollenverteilungen ganz klar gesagt worden vom Coach. Jeder Einzelne könnte das Team tragen. Wir haben sehr viel Qualität. Was uns unterscheidet von vielen anderen Teams, ist, dass jeder weiß, was er bringt, um erfolgreich zu spielen», sagte Schröder, der die Rolle des Chefs so klar einnimmt wie nie zuvor.

Passt die Teamchemie?

Der 29 Jahre alte Kapitän wird in der Vorrunde in Okinawa besonders im Fokus stehen, nachdem NBA-Profi Maxi Kleber nach Schröders Kritik einen WM-Start abgesagt hatte. Offiziell ist das Thema erledigt, die Teamchemie im deutschen Lager scheint zu stimmen. Doch das kann sich schnell ändern, wenn es sportlich schiefgeht wie 2019. Und die extrem knifflige Vorrunde mit Gastgeber Japan, Mitfavorit Australien und EM-Viertelfinalist Finnland erlaubt dem Team von Cheftrainer Herbert keinerlei Fehltritte, zumal in der Zwischenrunde bereits Slowenien und Starspieler Doncic warten.

Der Grat zwischen dem nächsten Vorrundenaus und einer Medaille in Manila ist so schmal wie nie. Gerade die Tests gegen die beiden WM-Topfavoriten Kanada und USA bewiesen zuletzt, wie konkurrenzfähig das deutsche Team ist. Beim 91:99 in Abu Dhabi hatten Schröder und Co. das mit NBA-Stars gespickte US-Team am Rande einer Niederlage.

Viele Stars lassen WM aus

«Das gibt uns Selbstvertrauen für die nächsten Aufgaben», sagte Herbert, der seinen Vertrag schon vor dem Turnier bis zur EM 2025 verlängert hat. Ambitioniert wie kaum ein anderer gibt der Kanadier das Ziel Medaille aus – es wäre die zweite bei der WM nach Bronze 2002.

Nicht nur der Serbe Jokic oder der Grieche Antetokounmpo fehlen, auch viele NBA-Stars aus den USA lassen die WM im Jahr vor Olympia aus. Der von Erfolgstrainer Steve Kerr angeleitete Olympiasieger wird zwar trotz zahlreicher Absagen als Topfavorit in das Turnier starten, wirkt aber wie 2019 verwundbar. Damals unterlagen die USA im Viertelfinale den Franzosen, den Titel holte später Spanien. 

Nowitzki als WM-Botschafter

«Ich glaube nicht, dass die Mannschaft unschlagbar ist», sagte Nowitzki über die USA, für die Flügelspieler Anthony Edwards die Rolle als erste Option spielen soll. Der 45 Jahre alte Nowitzki ist bei der WM als Botschafter des Weltverbandes Fiba engagiert, er ist zunächst vor Ort in Manila.

Dort steigen am Freitag (10.00 und 14.00 Uhr) zwei Spiele in der 55.000 Personen fassenden Philippine Arena von Bocaue. Eigentlich hätte in der größten Indoor-Arena der Welt die komplette Endrunde ab dem Viertelfinale stattfinden sollen, doch die Fiba plante aus logistischen Gründen kurzfristig um.

Von Patrick Reichardt, dpa