«Ein paar Schritte weiter» – DTB-Team will Titel angreifen

Auch ohne die Zusage von Alexander Zverev kündigte das deutsche Davis-Cup-Team nach dem verpassten Final-Meilenstein prompt den Titel-Angriff für 2022 an.

«Das ist nicht das Ende. Ich denke, wir sind bereit, ein paar Schritte weiter zu gehen», sagte Bundestrainer Michael Kohlmann nach dem schnellen Halbfinal-Aus gegen Russland. Den Frust hatte der 47-Jährige noch nicht verdaut, aber «große Zuversicht» gewonnen, in den kommenden Jahren «immer wieder ein gutes Wort mitreden» zu können. Realistischer wäre der erste deutsche Coup in dem Mannschaftswettbewerb seit 1993, wenn der mit Abstand beste deutsche Tennisspieler das Team verstärken würde.

«Hoffentlich können wir in den nächsten Jahren Zverev dazu bekommen, dass er mitspielt, und wir haben eine echte Chance, das Finale und den Davis Cup zu gewinnen», sagte Dominik Koepfer in Madrid und hoffte, dessen Entscheidung positiv zu beeinflussen.

Die individuelle Karriere hat für Zverev Vorrang

Schon in rund drei Wochen dürften seine Teamkollegen Zverev in Australien erzählen können, was sie bei ihren – bis zum Aus verblüffend erfolgreichen – Davis-Cup-Aufritten erlebt haben. Beim ATP Cup in Sydney will Zverev ab dem 1. Januar mit dem Team in die Saison einsteigen, so hatte er es angekündigt.

Auch das schnell folgende nächste Teamevent verdeutlicht das Problem, das Zverev mit dem Davis Cup hat. Mit der Radikalreform vor wenigen Jahren war ein Endrundenturnier eingeführt worden, der späte Termin verkürzt die Pause nach den kräftezehrenden Monaten und schränkt die Vobereitung auf das neue Tennis-Jahr ein. Die individuelle Karriere hat für Zverev Vorrang, Erholung hält er für zwingend notwendig.

Nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub war der Grand-Slam-Titelkandidat im schicken dunkelblauen Anzug bei der ZDF-Gala «Ein Herz für Kinder» zu Gast. Er küsste seine neue Freundin Sophia Thomalla auf dem roten Teppich und verdoppelte seine Spendensumme auf 10.000 Euro, nachdem er Büchsen umgeworfen hatte.

Boris Becker: «Ihr könnt stolz auf euch sein»

Seine frühzeitige Absage für den Davis Cup hatten der Deutsche Tennis Bund, Kohlmann und die anderen deutschen Tennis-Herren stets unaufgeregt und mit Verständnis moderiert. Als Kritik wollten sie das Bedauern, dass Zverev in den vergangenen Tagen nicht dabei war, ausdrücklich nicht verstehen. Mit dem späten Termin des Finalturniers müssen nun aber auch Jan-Lennard Struff und Co. umgehen.

«Die Vorbereitung leidet ein bisschen darunter. Aber ich denke, dass man es schon noch ganz gut machen kann», sagte Struff der dpa: «Wir fangen am 13. erst an. Das ist mega spät.» Und nur eine freie Woche bleibt ihm mit seinem kleinen Sohn und seiner Freundin.

Der Weltranglisten-51. Struff ist einer der Anführer im deutschen Team, das sich unter Kohlmann in den vergangenen Jahren weiter entwickelt hat und zu einer starken Einheit gewachsen ist. Neben der Doppelstärke fußen auch aufs Struffs Leistungen im Davis Cup die Zuversicht für die kommenden Jahre. Russlands Finaleinzug aber konnte der Sauerländer beim 4:6, 4:6 gegen den Weltranglisten-Zweiten und US-Open-Champion Daniil Medwedew auch nicht gefährden. Die deutsche Finalchance war damit schnell dahin, weil zuvor Koefer beim 4:6, 0:6 gegen den Weltranglisten-Fünften Andrej Rubljow chancenlos gewesen war. In der Umkleidekabine machte sich Enttäuschung breit.

Das glänzende Doppel mit Kevin Krawietz und Tim Pütz hielt dennoch zum Abschluss dank des 4:6, 6:3, 6:4 gegen Aslan Karazew und Karen Chatschanow seine perfekte Davis-Cup-Bilanz aufrecht. Auch ohne die Krönung war das erste deutsche Halbfinale seit 14 Jahren ein unerwarteter Erfolg, mit dem ohne Zverev nicht zu rechnen gewesen war. «Ihr könnt stolz auf euch sein», grüßte Boris Becker aus der Ferne.

Kein Heimspiel zum Auftakt 2022

Die Hoffnung auf ein Heimspiel zum Auftakt des Davis Cups 2022 hat sich indes nicht erfüllt. Die deutschen Herren starten im kommenden Jahr mit einem Auswärtsspiel in Brasilien in den Mannschafts-Wettbewerb. Das ergab die Auslosung für die Qualifikationsrunde in Madrid. Die Begegnung wird am 4./5. März ausgetragen.

Als Teilnehmer des Finalturniers 2022 stehen bereits Kroatien und Russland fest. Wildcards erhielten Großbritannien und Serbien.

Das Endrunden-Format wird im kommenden Jahr erneut verändert. Nachdem dieses Mal Turin, Innsbruck und Madrid Austragungsorte waren, ist für 2022 ein Event mit fünf Gastgebern geplant. Statt 18 werden am Finalturnier nur noch 16 Mannschaften teilnehmen, die in vier statt sechs Gruppen an vier Orten die Viertelfinalisten ausspielen.

Medienberichte, wonach Abu Dhabi als Gastgeber für die K.o.-Runden vorgesehen ist, bestätigten der Weltverband und Veranstalter Kosmos nicht. Man sei in finalen Verhandlungen, hieß es.

Von Kristina Puck, dpa