Der letzte Tanz des Jahres war eine sehr übersichtliche Angelegenheit. 14 gestandene Profis und drei junge Talente des FC Bayern München hüpften nach dem 2:1 (2:1)-Sieg beim VfL Wolfsburg noch einmal vor der eigenen Fans herum.
Mehr Spieler bekam der mit Abstand reichste und erfolgreichste Club des deutschen Fußballs nach diversen Verletzungen, Erkrankungen und den Pannen der sommerlichen Kaderplanung nicht mehr zusammen.
Der Vorsatz für das neue Jahr ist klar: Wenn die Bayern in der Bundesliga noch den Tabellenführer Bayer Leverkusen einholen und gleichzeitig in der Champions League mit Clubs wie Real Madrid oder Manchester City mithalten wollen, dann braucht dieser ausgedünnte Kader im Januar dringend Zuwachs.
Tuchel: «Das ist nicht leicht»
«Wir werden versuchen, die Mannschaft im Winter zu verstärken. Aber das ist nicht leicht und ich weiß nicht, ob uns das gelingt», sagte Trainer Thomas Tuchel nach dem Spiel in Wolfsburg. «Denn der Wintertransfermarkt ist immer nochmal ein bisschen komplizierter als der Sommer.»
Es sei «sehr schwer, Mitten in der Saison Spieler zu bekommen, von denen wir zu 100 Prozent überzeugt sind – sowohl von der Persönlichkeit als auch von der Qualität. Dass wir das ganze Paket bekommen: Das wird eine große Aufgabe. Da brauchen wir alle ein bisschen Geduld und Zuversicht. Ansonsten werden wir weiter die pushen, die wir haben.»
Der deutsche Serienmeister muss nun unter erschwerten Bedingungen an den Kaderlücken arbeiten, die er schon im August nicht geschlossen bekam. Innenverteidigung, rechte Abwehrseite, defensives Mittelfeld: Da haben die Bayern Bedarf. Und das weiß auch jeder Club, mit dem sie in den kommenden Wochen in Transferverhandlungen treten werden.
Tuchels Bedenken werden allein beim Blick auf die Spieler deutlich, mit denen die Münchner bereits im Sommer einig waren oder in Verbindung gebracht wurden. Der Portugiese João Palhinha (FC Fulham) hat seinen Vertrag mit dem Londoner Club mittlerweile verlängert. Der Franzose Pierre Kalulu (AC Mailand) ist nach einer Oberschenkel-Operation frühestens im März wieder spielfähig. Und ihren angeblichen Wunschkandidaten Ronald Araujo (FC Barcelona) werden die Bayern nach Sky-Informationen entweder gar nicht oder frühestens im nächsten Sommer kriegen können. Er ist einfach zu teuer.
Angeschlagene Profis müssen durchspielen
Wie groß das Risiko ist, ohne weitere Transfers in die entscheidende Phase der Saison zu gehen, bekam Tuchel in Wolfsburg noch einmal vor Augen geführt. Joshua Kimmich und Leon Goretzka fehlten erkrankt, Kingsley Coman, Serge Gnabry und Noussair Mazraoui verletzt: Im letzten Spiel des Jahres mussten deshalb sogar zwei Profis durchspielen (Dayot Upamecano und Raphael Guerreiro), die kurz zuvor noch Magen-Darm-Probleme hatten.
Und so werden die Bayern selbst Anfang 2024 noch einen Preis für die Turbulenzen zahlen müssen, die sie 2023 schufen: Als sie binnen weniger Monate den Trainer, den Sport- und den Vorstands-Chef wechselten. Und dann im Sommer alle Personalfragen in einem Transfer-Ausschuss verhandelten, der mehr Mitglieder hatte (7) als Transfers zustande bekam (5). Darunter auch Königstransfer Harry Kane.
Immerhin hat Tuchel mittlerweile einen neuen Sportdirektor an seiner Seite. «Ich denke, es wird etwas passieren», sagte Christoph Freund bei Sky über mögliche Wintertransfers. «Wir wollen uns so aufstellen, dass wir unsere Ziele im Frühjahr erreichen.»
Und bei aller Kritik an der Kaderplanung zeigte ein 100-Millionen-Euro-Einkauf in Wolfsburg auch noch einmal, dass er selbst die kühnsten Erwartungen in seinen ersten vier Monaten in München übertroffen hat: Harry Kane beendete das Fußball-Jahr mit seinem 21. Saisontor und einer klaren Ansage: «Bayer Leverkusen pusht uns», sagte der Engländer. «Sie haben ein starkes Team, sie spielen richtig guten Fußball, sie haben einen großartigen Coach.» Aber: «Wir haben immer noch einiges mehr im Tank. Bundesliga, Champions League – und dann auch die Europameisterschaft hier in Deutschland: Es liegt ein großes Jahr vor uns!»