Unter dem offenen Jackett trägt Alexander Zverev nichts außer ein paar Goldkettchen, sein Brusthaar präsentiert er mit einem aufreizenden Lächeln.
Diese Pose des deutschen Tennisstars wählte das französische Modemagazin «L’Officiel» als Cover für die Dezember-Ausgabe, die Überschrift der Titelstory lautet: «Eine neue Ära – Alexander Zverev». Modisch macht der 25-Jährige wieder eine Top-Figur – aber wie steht es um seine Fitness so kurz vor dem Start der Australian Open?
Start beim United Cup
Eine Antwort darauf wird ab diesem Donnerstag die Premiere des United Cups geben, der in Australien die neue Tennis-Saison einleitet und den viele Topstars zum Aufwärmen für das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres in Down Under nutzen. So wie Alexander Zverev und die deutsche Auswahl, für die es am SIlvestertag gegen Tschechien losgeht.
«Es ist ein aufregendes, neues Event», sagte der Olympiasieger, der den gemischten Team-Wettbewerb auch als Schritt für mehr Gleichberechtigung wertet: «Wir werden Frauen und Männer sehen, wie sie jetzt endlich gemeinsam Wettkämpfe bestreiten. Ich freue mich darauf und denke, dass es für die Tenniswelt aufregend wird.»
Zverev muss Spielpraxis sammeln
Zugleich ist es für Zverev eine willkommene Möglichkeit, auf hohem Niveau Spielpraxis zu sammeln. Nach seiner schweren Fußverletzung bei den French Open im Juni und der siebenmonatigen Zwangspause fehlt dem Hamburger wenig überraschend noch Rhythmus. Das zeigte sich auch bei seinen Comeback-Auftritten beim Diriyah Tennis Cup in Saudi-Arabien und der World Tennis League in Dubai. In Dubai gelang ihm zwar ein Sieg gegen Novak Djokovic, doch wirklichen Wettkampfcharakter hatte das Showturnier nicht.
«Es ist wichtig, dass er wieder unter richtigen Matchbedingungen mit Schiedsrichter, Linienrichtern und vor Zuschauern spielt», sagte sein Bruder und Manager Mischa Zverev, der das deutsche Team beim United Cup betreut: «Das ist schon noch etwas anderes als im Training und mit Blick auf die Saison 2023 wichtig.»
Team Deutschland wird neben Zverev auch von Wimbledon-Viertelfinalistin Jule Niemeier angeführt. Außerdem sollen Laura Siegemund, Anna-Lena Friedsam, Daniel Altmaier, Oscar Otte und die Doppel-Spezialisten Julia Lohoff und Fabian Fallert Punkte sammeln.
Deutschland trifft in der Gruppe C in Sydney auf Tschechien (31. Dezember und 1. Januar) und die USA (2. und 3. Januar). Pro Duell gibt es je zwei Herren- und Frauen-Einzel sowie im Falle eines Unentschiedens ein Mixed-Doppel. In sechs Gruppen kämpfen insgesamt 18 Nationen ums Weiterkommen, der Sieger wird im Finale am 8. Januar ermittelt. Außer in Sydney, wo auch die Endrunde stattfindet, wird noch in Brisbane und Perth gespielt.
Starke Konkurrenz beim United Cup
«Ich bin froh, wieder dabei zu sein, auf dem Tennisplatz zu stehen und mich mit den besten Spielern der Welt messen zu können», sagte Zverev. Das Teilnehmerfeld ist exquisit besetzt, für Spanien läuft beispielsweise Grand-Slam-Rekordsieger Rafael Nadal auf, für Polen die Weltranglistenerste Iga Swiatek. Die Stars wollen sich hier nicht nur für die Mitte Januar beginnenden Australian Open einspielen, auch das Preisgeld von insgesamt 15 Millionen US-Dollar lockt. Zudem werden jeweils bis zu 500 Punkte für die Weltranglisten der ATP und WTA vergeben.
Der United Cup ersetzt den abgeschafften ATP-Cup, einen Wettbewerb für Nationalmannschaften im Herrentennis. Ein gemischtes Team-Event gab es bereits im Tennis-Zirkus, den bis 2019 ausgetragenen Hopman Cup gewann Deutschland zweimal: 1993 mit Steffi Graf und Michael Stich sowie 1995 mit Boris Becker und Anke Huber.
Zu gerne würde Zverev in die Kategorie Graf, Becker und Stich aufsteigen. Dafür braucht es aber nicht den Sieg beim United Cup, sondern bei einem Grand-Slam-Turnier. Roger Federer spielt zwar nicht mehr mit und Nadal scheint auf der Zielgeraden seiner Karriere an Qualität einzubüßen. Doch Djokovic ist nach seiner Ausweisung wegen einer fehlenden Corona-Impfung vor einem Jahr diesmal wieder in Australien dabei. Und die neue Generation um den spanischen Weltranglisten-Ersten Carlos Alcaraz (19) sowie die Italiener Jannik Sinner (21) und Lorenzo Musetti (20) macht es für Zverev nicht leichter.
«Die Zeit rennt dahin. Wenn man sieht, wer nachkommt, stellt man fest, dass es nicht einfacher wird», sagte der frühere Profi Tommy Haas im Eurosport-Podcast «Das Gelbe vom Ball». Er sei sich zwar sicher, dass die deutsche Nummer eins «schnell zurückkommen und unglaublich gute Matches spielen» werde, sagte Haas. Aber dafür müsse Zverev «erst reinkommen, Matchpraxis sammeln». Auch deshalb ist der United Cup für Zverev so wichtig.