EM-Titel Nummer acht für Boll: Auch Ovtcharov chancenlos

Timo Boll ist auch mit 40 Jahren noch der beste Tischtennis-Spieler Europas. Bei der EM in Warschau feierte der Rekord-Europameister am Sonntag den bereits achten und vielleicht sogar herausforderndsten Einzel-Titel seiner erfolgreichen Karriere.

Denn Boll gewann am Abend nicht nur das deutsche Endspiel gegen den früheren Weltranglisten-Ersten Dimitrij Ovtcharov überraschend deutlich in 4:1 Sätzen. Er schlug davor im Halbfinale auch den topgesetzten Schweden Mattias Falck von Werder Bremen (4:1), der bei der vergangenen Weltmeisterschaft in Budapest als erster Europäer seit langer Zeit das Finale erreicht hatte.

«Es war sehr emotional. Ich bin super happy», sagte Boll nach dem erfolgreichen Finale. «Vor einem Jahr hatte ich eine schwere Verletzung und wusste nicht, ob meine Karriere überhaupt weitergehen kann.»

Erfolgreichste deutsche EM seit 59 Jahren

Stattdessen aber führt er nun das erfolgreichste deutsche EM-Team seit 59 Jahren an. Denn die beiden Triumphe von Petrissa Solja im Einzel und Doppel, der Mixed-Erfolg von Nina Mittelham und Dang Qiu sowie gleich drei rein deutsche Endspiele bei insgesamt nur fünf ausgespielten Wettbewerben bescherten dem Deutschen Tischtennis-Bund weniger als vier Wochen vor dem Beginn der Olympischen Spiele in Tokio die herausragende EM-Bilanz von vier Gold- und drei Silbermedaillen. Die deutsche Dominanz in Europa wird damit trotz des fortgeschrittenen Alters von Stars wie Boll (40), Ovtcharov (32) oder Shan Xiaona (38) eher größer als kleiner.

Gerade Boll zeigte sich in der polnischen Hauptstadt in einer Form, die ihn nun in Tokio von einem der letzte großen Ziele seiner langen Laufbahn träumen lassen: einer olympischen Medaille im Einzel. Den 4:1-Viertelfinal-Sieg gegen seinen starken schwedischen Teamkollegen Anton Källberg von Borussia Düsseldorf bezeichnete die aktuelle Nummer elf der Weltrangliste als «eine meiner besten Leistungen in den letzten ein bis zwei Jahren». Auch den Rückstand im direkten Vergleich mit Ovtcharov bei internationalen Turnieren ohne Vereins-Wettbewerbe verkürzte Boll im Finale auf 8:9.

Noch spektakulärer verlief die Europameisterschaft nur für Petrissa Solja. Denn wenige Stunden nach ihrem Erfolg im Doppel gewann die Weltranglisten-19. vom TSV Langstadt auch zum ersten Mal den EM-Titel im Einzel. Das Besondere daran: Ihre Endspiel-Gegnerin im Einzel war auch ihre Partnerin im Doppel, die 38-jährige deutsche Nationalspielerin Shan Xiaona vom TTC Berlin Eastside. 4:1 endete das Duell der beiden. Deutlich ausgeglichener verlief das Doppel-Finale gegen Nina Mittelham und Sabine Winter (3:2).

«Es ist fantastisch, die Goldmedaille bei einer EM zu haben», sagte Solja. Denn die 27-Jährige gewann zwar 2019 und 2020 bereits das europäische Top-16-Turnier. Bei einer Individual-Europameisterschaft war sie bislang aber noch nie über das Viertelfinale hinausgekommen.

Von Sebastian Stiekel, dpa