Endlich Berge: Buchmann hofft auf «Freiheiten» bei Tour

Die chaotischen Sturz-Etappen hat Emanuel Buchmann ohne Blessuren gemeistert, nun rollt die 108. Tour de France endlich in sein Terrain.

«Jetzt freue ich mich, wenn es in die Berge geht», sagte Leichtgewicht Buchmann vor den beiden Alpen-Etappen an diesem Wochenende und fügte hinzu: «Ich werde auch Freiheiten haben, wenn sich die Möglichkeit ergibt.»

Der Rückstand auf Topfavorit Tadej Pogacar hält sich mit 4:23 Minuten in Grenzen. Wichtiger war aber für Buchmann, dass er unfallfrei durch die erste Woche gekommen ist. «Ich bin nicht gestürzt. Es gibt nur wenige, denen das gelungen ist», betonte der gebürtige Ravensburger, nachdem seine Podiumsambitionen bei der Tour 2020 und dem Giro 2021 nach Stürzen vor oder während des Rennens ein jähes Ende gefunden hatten.

Gefallen an der Jokerrolle

In seiner Jokerrolle fühlt sich Buchmann sichtlich wohl, ohne Druck fährt der Radprofi auf Frankreichs Landstraßen unauffällig und clever mit. Und wer weiß, ob sich die Tour-Hierarchie im Bora-hansgrohe-Team nicht noch ändert. Kapitän Wilco Kelderman – eigentlich ein guter Zeitfahrer – war beim Kampf gegen die Uhr jedenfalls nicht viel besser als Buchmann.

«Etwas mehr» hatte das Team erwartet, sagte Sportdirektor Enrico Poitschke, führte aber auch den Sturz des Niederländers zu Beginn der Rundfahrt an. So wird die Bora-Mannschaft Buchmann kaum frühzeitig im Rennen verheizen. «Man hat beim Giro gesehen, dass in der letzten Woche alles durcheinander gewirbelt wurde», sagte Teamchef Ralph Denk. Zu der Zeit war Buchmann schon nicht mehr dabei. Mit einer Gehirnerschütterung und Prellungen musste der 28-Jährige aussteigen, nachdem er zuvor brilliert hatte.

Alpen als erster Fingerzeig

Die Alpen werden einen ersten Fingerzeig geben. Am Samstag geht es zunächst über drei Berge der ersten Kategorie nach Le-Grand-Bornand, wo Linus Gerdemann 2007 mit seinem Etappensieg ins Gelbe Trikot gefahren war. Einen Tag später wartet die Bergankunft in Tignes. Dort wird sich wohl auch schon zeigen, ob Tour-Champion Tadej Pogacar in diesem Jahr zu schlagen ist. Der Sieg des Slowenen im Einzelzeitfahren war jedenfalls eine beachtliche Machtdemonstration.

«Es wird wahrscheinlich jeden Tag Attacken geben. Das wird sehr hart», sagte Pogacar. Einen Vorgeschmack hatte er bereits am Freitag erhalten, und doch hatte der Slowene alles im Griff. Seine Form sei genauso gut wie im Vorjahr. Dieses Mal dürfte er indes kaum bis zum vorletzten Tag warten, um das Gelbe Trikot zu erobern. Sein größter Rivale Primoz Roglic ist nach dem Einbruch am Freitag fast schon aus dem Rennen um den Gesamtsieg. Vermutlich in Le Grand-Bornand, spätestens aber in Tignes wird unterdessen der weniger bergfeste Spitzenreiter Mathieu van der Poel aus den Niederlanden sein Trikot hergeben müssen.

An Tignes hat Buchmann gute Erinnerungen. Auch wenn der Schlussanstieg 2019 wegen eines Unwetters nicht gefahren werden konnte, lag der Kletterspezialist nach der Etappe unter den besten Fünf und wurde am Ende Gesamtvierter.

Von Stefan Tabeling und Tom Bachmann, dpa