Erste WM-Pleite für DHB-Team vor Viertelfinale

Mit den Händen in den Taschen und gesenktem Kopf schlich Alfred Gislason alleine über den Hallenboden in Kattowitz. Ein Lächeln kam dem Handball-Bundestrainer nicht ins Gesicht, die Enttäuschung über die knappe Niederlage gegen das erste Top-Team bei dieser WM konnte er nicht verbergen.

Beim 26:28 (16:18) gegen Norwegen hat die DHB-Auswahl zwei Tage vor dem Viertelfinale ihren ersten Dämpfer beim bislang so begeisternden Turnier hinnehmen müssen.

Und das nächste Schwergewicht wartet schon am Mittwoch: dann geht es im ersten Spiel der K.o.-Runde gegen den bislang ungeschlagenen Olympiasieger Frankreich.

Da beide Teams schon vorher für die K.o-Runde qualifiziert waren, hatte das Spiel in Kattowitz keine große Bedeutung mehr. Juri Knorr war vor rund 4500 Zuschauern mit acht Toren bester Werfer der deutschen Mannschaft. «Es ist ganz klar, dass wir nicht unser bestes Spiel machen», sagte der 22-Jährige in der ARD. Es sei einiges drin gewesen für die deutsche Mannschaft. «Natürlich leben wir heute mit der Niederlage besser als in zwei Tagen. Ich glaube trotzdem, dass uns das alle ziemlich nervt», befand der Spielmacher und blickte auf die Frankreich-Partie voraus: «Ich bin mir ganz sicher, dass wir am Mittwoch mit einem anderen Gesicht auftreten.»

Gislason hadert mit vergebenen Chancen

Trotz der Niederlage lobte Gislason zunächst seine Spieler für ihre Leidenschaft und ihren Einsatz, monierte dann aber die zahlreichen vergebenen Chancen in der zweiten Halbzeit. «Es ist wirklich schade, wie wir in der zweiten Halbzeit mit sehr klaren Chancen umgehen. Wir hätten das Spiel mit einer besseren Quote von der Sechs-Meter-Linie nach Hause fahren müssen», sagte der Isländer. Seine Mannschaft habe «einen riesen Charakter», die Mannschaft werde in der Breite «immer besser».

Schon die Partie gegen Norwegen sollte zum Gradmesser für die deutsche Mannschaft werden. Nach fünf Siegen aus fünf WM-Spielen ging es um eine Antwort auf die Frage: Wie gut ist die DHB-Auswahl wirklich? Norwegen war das erste Weltklasse-Team, auf das Deutschland bei dieser WM traf. Und es zeigte sich, dass die junge deutsche Mannschaft ganz nah dran ist an diesem Niveau. Obwohl längst nicht alles funktionierte. Bei Weitem nicht.

Wolff kommt schon früh für Birlehm ins Tor

Die Hauptgründe, warum die DHB-Auswahl das Spiel durchgehend eng gestalten konnte, hatten zwei Namen: Juri Knorr und Andreas Wolff. Der junge Regisseur und der erneut überragende Torhüter prägten das Spiel der deutschen Mannschaft, in anderen Mannschaftsteilen passte es dagegen weniger. Die Abwehr präsentierte sich gegen dieses Top-Team nicht in Top-Verfassung, zweites großes Problem war die Chancenverwertung. Doch das deutsche Team blieb dran.

Schwachstellen, die ein Team wie die Norweger – die ebenfalls nicht ihre beste Leistung zeigten – zu nutzen weiß. Was auch daran lag, dass der von Gislason überraschend von Beginn an aufgebotene Joel Birlehm im Tor überhaupt nicht ins Spiel fand. Schon in der 9. Minute nahm der Isländer den 25-Jährigen wieder raus und brachte Wolff ins Spiel. Und das lohnte sich.

Schon wenige Sekunden nach seiner Einwechslung zeigte der 31-Jährige seine erste starke Parade. Bis zum Schlusspfiff ließ er etliche weitere folgen. Das war auch nötig, weil die deutsche Defensive weiter nicht zur Stabilität fand. Aber immerhin gab es ja Knorr und Wolff.

DHB-Team hält dank Wolff bis zum Ende mit

Andere Spieler wie der enorm wichtige Kapitän Johannes Golla oder Routinier Patrick Groetzki hatten ihre Schwierigkeiten. Aber gegen eine solche Top-Nation muss eben alles passen, um in Führung zu gehen. Das gelang jedoch zunächst nicht. Zur Pause führte Norwegen mit zwei Toren.

«Ich denke, dass wir noch etwas effektiver abschließen können», sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer in der Halbzeit. «Von der Spielanlage her können wir nicht arg viel anders machen, das machen wir gut. Die Norweger allerdings auch.» Nach dem Seitenwechsel bauten die Norweger allerdings ab und scheiterten etliche Male am überragenden Wolff. Das Problem war nur, dass auch die deutsche Mannschaft teils beste Gelegenheiten ausließ.

Trotzdem blieb es die gesamte Partie über eng. Und das war die vielleicht wichtigste Erkenntnis dieses Abends aus deutscher Sicht: dass man mithalten kann, auch auf diesem Niveau. Auch, wenn es am Ende nicht ganz reichte.

Von Nils Bastek und Eric Dobias, dpa