Erster Stimmungsdämpfer für DHB-Team – «Kein Weltuntergang»

Mit traurigen Mienen verabschiedeten sich Deutschlands Handballer nach dem ersten Stimmungsdämpfer bei der Heim-EM aus Berlin.

Auch die Ovationen der Fans waren nur ein kleiner Trost für die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason, die beim 30:33 (15:17) gegen Olympiasieger Frankreich trotz einer starken Leistung ihre erste Reifeprüfung nicht bestanden hat.

Das DHB-Team geht als Gruppenzweiter ohne Pluspunkt in die Hauptrunde, wo es im Kampf um den Einzug ins Halbfinale mächtig unter Druck steht.

«Noch ist überhaupt nichts verloren»

Zum Auftakt der zweiten Turnierphase trifft die DHB-Auswahl in Köln auf Island. Die weiteren Gegner sind Kroatien, Ungarn und Österreich. Die ersten Zwei der Sechsergruppe lösen das Ticket für die Vorschlussrunde.

«Natürlich bin ich enttäuscht, dass wir das Spiel verloren haben. Wir haben insgesamt gut gekämpft. Es sind Kleinigkeiten, die bei uns gefehlt haben. Es ist die Breite der Franzosen, es ist eine Weltauswahl. Wir haben insgesamt trotzdem gut dagegen gehalten, wir haben über lange Zeit mit den Franzosen mitgehalten», sagte der glänzende Torhüter Andreas Wolff in der ARD und fügte an: «Noch ist überhaupt nichts verloren. Gegen Frankreich zu verlieren, ist kein Weltuntergang.» 

«Am Ende war der eine oder andere ein bisschen müde», sagte Bundestrainer Gislason in der ARD. Auch der Isländer hob die Breite des französischen Kaders hervor sowie deren körperliche Stärke und Erfahrung. «Die Franzosen haben verdient gewonnen.» Dennoch richtete er einen optimistischen Blick nach vorn: «Natürlich wäre es großartig gewesen, wenn wir die zwei Punkte von heute hätten mitnehmen können. Das haben wir nicht gemacht und nicht verdient. Aber da war sehr viel Positives dabei. Wir haben weiter das Ziel, ins Halbfinale zu kommen.»

Torwart Wolff mit starken Paraden

Vor 13.571 Fans in der ausverkauften Berliner Mercedes-Benz Arena, von denen viele die anwesende Polit-Prominenz um Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit Pfiffen bedachten, war Juri Knorr mit acht Toren bester Werfer für die DHB-Auswahl. Die verpasste durch die erste Turnier-Niederlage die Revanche für das bittere 28:35 im WM-Viertelfinale vor einem Jahr und zudem eine gute Ausgangsposition für den weiteren Verlauf der Medaillen-Mission.  

«Wir müssen eines unserer besten Spiele der letzten Zeit machen», hatte Gislason vor der Partie gefordert und zugleich bekräftigt: «Alle freuen sich auf dieses Spiel und wissen, was sie können.»

Und seine Schützlinge lieferten zu Beginn. Im Tor lief Routinier Andreas Wolff gleich heiß und parierte die ersten drei Würfe der Franzosen. Seine Vorderleute nutzten dies zu einer schnellen 3:0-Führung. 

Karabatic demonstrierte seine Klasse

Doch der mit etlichen Weltklassespielern besetzte WM-Zweite des Vorjahres ließ sich dadurch ebenso wenig beeindrucken wie von der lautstarken Kulisse. Der Titelanwärter arbeitete sich langsam in die Partie hinein und lag nach elf Minuten beim 7:6 erstmals vorn.

Mitte der ersten Halbzeit kam Altstar Nikola Karabatic und sorgte für neue Gefahr aus dem Rückraum. Der 39-Jährige, der in seiner glanzvollen Karriere dreimal Olympia-Gold sowie vier WM- und drei EM-Titel gewann, demonstrierte in einigen Aktionen seine Klasse. 

Doch auch die deutsche Mannschaft hatte einiges zu bieten. Vor allem Regisseur Knorr war ein ständiger Unruheherd. «Jedes Mal, wenn ich gegen die Franzosen mit ihren Weltklasseleuten spiele, denke ich: krass, krass, krass. Ich will zeigen, dass ich da mithalten kann», hatte Knorr angekündigt. 

In der Schlussphase fehlte Cleverness und Glück

Und er hielt Wort, auch wenn nicht alles gelang. Der 23-Jährige vom Pokalsieger Rhein-Neckar Löwen war Vorlagengeber und Vollstrecker in Personalunion und trieb das deutsche Spiel immer wieder an.  

So blieb es ein Duell auf Augenhöhe, zumal Deutschland mit David Späth ein weiteres Torwart-Ass im Ärmel hatte. Der U21-Weltmeister parierte in der ersten Halbzeit zwei Siebenmeter und sorgte damit für weitere Emotionen auf dem Parkett und den Rängen. 

Und doch ging das DHB-Team mit einem Zwei-Tore-Rückstand in die Pause, weil sich in der Schlussphase der ersten Halbzeit einige leichte und unnötige Fehler einschlichen. «Es ist ein unglaubliches Kampfspiel mit einem Wahnsinnstempo. Wir haben noch alle Chancen und müssen daran glauben», sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer in der Halbzeitpause.

Danach sah es zu Wiederbeginn erst einmal nicht aus, denn die Franzosen zogen sogar auf vier Tore davon. Deutschland blieb aber dran und ließ den Favoriten nicht davonziehen. Zehn Minuten vor Ultimo war beim 27:27 weiter alles offen. Doch in der Schlussphase fehlten die Cleverness und das nötige Quäntchen Glück. 

Von Eric Dobias und Jordan Raza, dpa