«Etwas Luft zum Atmen»: Das Lachen ist zurück auf Schalke

Der FC Schalke 04 lebt doch noch. Den ersten Sieg unter dem neuen Trainer Karel Geraerts feierten Fans, Spieler und Trainerstab als habe der vor einer Woche schon totgesagte Bundesliga-Absteiger soeben die erste Meisterschaft seit 65 Jahren gewonnen.

Das 3:2 (1:0) gegen Hannover 96 setzte schalke-typische Emotionen frei und sorgte für kaum mehr bekannte Glückseligkeit. Das Clubidol Gerald Asamoah sagte nach dem ersten Dreier nach sechs Wochen nicht viel und damit doch alles. Der Teammanager lugte nur kurz aus dem Kabinentrakt heraus, setzt sein markantes Grinsen auf und frohlockte: «Endlich können wir wieder lachen.» 

Zuletzt herrschte eher Untergangsstimmung beim Traditionsclub, der bedenklich in Richtung Drittklassigkeit taumelte. Das dramatisch miese 0:3 in der Vorwoche gleich im ersten Spieler unter Neu-Coach Geraerts hatte Spuren hinterlassen. Der Belgier gab unumwunden zu, erschüttert vom Auftreten seines verunsicherten Teams gewesen zu sein und benannte nichts anderes mehr als den Klassenverbleib als Saisonziel. Medial und von den Fans gab es reichlich Gegenwind. Einige stellten für den Fall eines erneuten Abstiegs aufgrund der dann noch weniger sprudelnden Einnahmen bereits die Existenzfrage.

Große Erleichterung

Doch so weit ist es noch nicht. Mit nun – gemessen am Schalker Selbstverständnis immer noch schwachen – zehn Punkten aus elf Spielen steht der Revierclub auf Relegationsrang 16 – nur noch zwei Zähler von den Nichtabstiegsplätzen entfernt. «Der Druck war groß, die Erleichterung jetzt auch», sagte Angreifer Kenan Karaman, der den dritten Schalker Treffer gegen einen vermeintlichen Aufstiegskandidaten erzielt hatte.

Über den Berg ist Schalke natürlich noch lange nicht. Bereits am Dienstag droht im Pokal beim Zweitliga-Spitzenreiter FC St. Pauli wieder ein Rückschlag. Auch die nächste Liga-Aufgabe am kommenden Samstag beim 1. FC Nürnberg wird nicht einfach. Der früher «Club»-Profi Lino Tempelmann, Schütze des zweiten Schalkes Tores gegen Hannover (71.), mahnte daher: «Das ist nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. So müssen wir weitermachen.»

Wohltuend und beruhigend war der dritte Saisonsieg vor allem für den Nachfolger des beurlaubten Thomas Reis. «Vor dem Spiel lag viel Druck auf uns. Diesem haben wir standgehalten – gemeinsam mit unseren Fans, die uns fantastisch unterstützt haben», sagte Coach Geraerts, der sehr früh an seiner neuen Wirkungsstätte vom normalen Trainergeschäft abweichen musste.

Geraerts als Psychologe gefordert

Schon in der Halbzeitpause in Karlsruhe habe er etwas gemacht, was er «normalerweise nicht macht»: Seine Spieler anzuschreien. In den Tagen vor der Partie gegen Hannover war er dann als Psychologe gefragt und führte viele Einzel- und Gruppengespräche. «Der Trainer hat uns minutiös vorbereitet», lobte Karaman.

Anders als noch beim KSC kämpften die Königsblauen diesmal auch gegen Widerstände, etwa nach Hannovers Ausgleich zum 1:1 durch Enzo Leopold (52.) an. «Das macht mich stolz. Dieser Erfolg wird uns Energie für die kommenden Aufgaben geben», sagte Geraerts zu den wichtigen drei Punkten. «Sie geben uns zudem etwas Luft zum Atmen. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass noch ein harter Weg vor uns liegt.»

Von Carsten Lappe, dpa