Europas Wassersprung-König Hausding beendet Karriere

Keine Tränen, keine belegte Stimme. «Nein, ein schwerer Gang ist es nicht», sagt Patrick Hausding. Der Vorzeige-Wasserspringer des Deutschen Schwimmverbands (DSV) hört auf.

Mit 33 Jahren verkündete er seinen Rücktritt vom aktiven Leistungssport am Rande der Deutschen Meisterschaften in Berlin. «Es hat sich angebahnt. Ich habe mir schon länger Gedanken gemacht, dass für mich die Zeit gekommen ist, mich vom Leistungssport zu verabschieden», sagte Hausding.

Endet mit «Highlight»

«Ich bin froh darüber, wie meine Karriere verlaufen ist und wie ich sie beenden kann. Es gibt nichts Besseres, als seine Karriere mit einem Highlight abzuschließen», sagte der Athlet vom Berliner TSC. Im vergangenen Jahr hatte er bei den Olympischen Spielen in Tokio eine Bronzemedaille geholt. Zudem hatte er als Fahnenträger die deutsche Mannschaft ins Olympia-Stadion geführt.

Für Hausding schloss sich damit ein Kreis, der bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 begonnen hatte: «In Peking hatte sich für mich mit 19 Jahren und der olympischen Silbermedaille die Tür geöffnet. Ich hätte zu dem Zeitpunkt nicht gedacht, dass es Normalität wird, olympische Medaillen zu gewinnen.» Die Silbermedaille und zweimal Bronze bei Olympia zählt Hausding ebenso zu den Karriere-Höhepunkten wie den WM-Titel mit Sascha Klein 2013 im Synchronspringen. Angesichts 15 weiterer EM-Titel könne er aber die Highlights «nicht richtig priorisieren».

Medaillen-Garant wird fehlen

Für Bundestrainer Lutz Buschkow, der tags zuvor auch schon den Rücktritt des Dresdners Martin Wolfram verkraften musste, öffnet sich nun eine «große Lücke» nach der zuvor mit den Athleten abgestimmten Entscheidung: «Die Wasserspringer waren immer Garant für Medaillen – wesentlich Patrick Hausding.»

Der 64-Jährige sieht in Hausding nicht nur den Medaillensammler als Vorbild, sondern schätzt die Person des Vorzeigespringers und zieht eine Parallele zum Biathlon: «Wie bei den Biathleten nach dem Rücktritt von Magdalena Neuner reißt das erst einmal eine Wunde. Wir müssen jetzt wieder in die Spur finden. Ich bin optimistisch, dass es uns gelingen wird.»

Neue Hoffnungsträger

Auch wenn die Rücktritte von Hausding und Wolfram «große Fußstapfen» hinterlassen, bleiben die Ansprüche hoch. Bei den Männern gelten Lars Rüdiger und Jaden Eikermann als neue Hoffnungsträger, im Damenbereich sind es Tina Punzel oder Lena Hentschel. «Wir wollen wieder um Medaillen in Paris 2024 und Los Angeles 2028 kämpfen», sagte Buschkow, der bei fünf Olympischen Spielen seit Athen 2000 in vorderster Front stand. «Bei vier Spielen haben wir immer Medaillen geholt, in London 2012 gab es viele vierte Plätze», sagte Buschkow, «in Europa gehören wir mit zu den führenden Nationen. Diesen Anspruch wollen wir weiter umsetzen».

Buschkow hofft, dass Hausding dabei in irgendeiner Form mithelfen wird. Der Spitzensportler im Ruhestand will nach 25 Jahren Leistungssport aber nun erst einmal sein Lehramtsstudium für Sport und Englisch abschließen und im Herbst den Masterstudiengang beginnen, an den sich das Referendariat anschließt.

Das Trainerdasein hatte Hausding schon vor den Spielen in Tokio ausgeschlossen, aber man solle «niemals nie sagen», meinte er nun. Da Wolfram aber schon angekündigt hat, den Trainer-Lehrgang zu absolvieren, spricht Buschkow von einer Fifty-Fifty-Lösung und hofft auf mehr: «Die haben so viel Chlorgeruch in der Nase, dass schnell Entzugserscheinungen kommen werden. Ich bin optimistisch, dass Patti uns erhalten bleibt.»

Von Thomas Flehmer, dpa