Fast 24 Stunden musste sich Pauline Schäfer-Betz bei den Turn-Weltmeisterschaften im japanischen Kitakyushu in Geduld üben. Doch als endlich feststand, dass sie zum dritten Mal nach 2015 und 2017 nach einer WM-Medaille am Schwebebalken greifen darf, war ihre Erleichterung spürbar.
«Ich freue mich riesig, dass ich endlich wieder ein internationales Finale erreicht habe», sagte die 24 Jahre alte Chemnitzerin. Die Weltmeisterin von 2017 in Montreal hatte nach ihrem eigenen Auftritt im General Gymnasium noch fast einen Tag abwarten müssen, ehe alle Konkurrentinnen die Qualifikation absolviert hatten. Mit 13,733 Punkten zog Pauline Schäfer-Betz an ihrem Paradegerät als Dritte des Klassements hinter der Chinesin Luo Rui (14,566) und der Russin Angelina Melnikowa (14,033) in die Entscheidung der besten Acht ein. Diese wird am Sonntag (10.00 Uhr MESZ) ausgetragen.
2015 hatte sie in Glasgow WM-Bronze und zwei Jahre später in Montreal Gold gewonnen. Bei der Heim-WM 2019 in Stuttgart scheiterte die gebürtige Saarländerin ebenso vorzeitig wie bei den Olympischen Spielen im Sommer in Tokio. «Ich werde es einfach genießen», sagte Schäfer-Betz. «Das habe ich mir erarbeitet. Mal sehen, was passiert.»
Einzige deutsche WM-Starterin bei den Frauen
Im Vorkampf hatte die einzige deutsche WM-Starterin bei den Frauen noch nicht alle Trümpfe ausgespielt. Nach ihrem kurzfristigen Entschluss, anders als die drei anderen Olympia-Teilnehmerinnen Elisabeth Seitz, Kim Bui (beide Stuttgart) und Sarah Voss (Köln) nicht auf die WM im gleichen Jahr zu verzichten, hatte Schäfer-Betz ein Programm mit einer Schwierigkeitsnote von 5,9 vorbereitet.
Dafür überwand sie auch ihre Rückwärtsblockade, die sie nach einem Sturz bei einer Doppelschraube am Boden in frühen Jahren immer wieder einholt, und baute eine akrobatische Verbindung aus Flick-Flack und Spreizsalto in ihre Übung ein. Doch in der WM-Qualifikation, wo die Sportlerin wie schon bei den Europameisterschaften in Basel im Ganzkörperanzug antrat, kam sie nur auf eine D-Note von 5,4.
In Zukunft Training «ohne Druck und Tränen»
Durch die Verlängerung ihres Aufenthalts in Asien lässt Schäfer-Betz die Teilnehmerinnen eines Turncamps auf sich warten, das sie in Chemnitz zusammen mit ihrem Freund Andreas Bretschneider ausrichtet. Bei solchen einwöchigen Events will die Abiturientin in Zukunft zeigen, wie sie sich Training vorstellt: «Ohne Druck und Tränen» und begleitet von einer vernünftigen Ernährung.
Im November 2020 hatte die Athletin ihrer langjährigen Trainerin Gabriele Frehse öffentlich psychische Gewalt und Medikamentenmissbrauch vorgeworfen. Frehse hatte die Anschuldigungen mehrfach bestritten. Das Arbeitsgericht Chemnitz entschied, dass die außerordentliche Verdachtskündigung durch den Olympiastützpunkt Chemnitz unwirksam ist und die 61-Jährige weiter beschäftigt werden muss. Nach Auffassung des Gerichts hätten für die Kündigung keine ausreichenden Gründe vorgelegen.