Familie, Florida, Schicksalsschläge: Tatjana Marias Welt

Tatjana Maria ist in Wimbledon nur noch zwei Siege vom Sensationstitel entfernt. Nach dem Viertelfinalsieg im deutschen Duell mit Jule Niemeier trifft die 34-Jährige beim Rasen-Klassiker nun am Donnerstag auf die Weltranglisten-Zweite Ons Jabeur aus Tunesien. Die Geschichte der zweifachen Mutter Maria fasziniert die Tennis-Welt.

Familie:

Maria ist als reisendes Familienunternehmen auf der Profitour unterwegs. Ihr Ehemann Charles-Edouard trainiert sie und entwirft ihre Matchpläne. In Wimbledon gehören die ersten Tennisstunden zunächst ihrer älteren Tochter Charlotte – die Achtjährige übt meist um 8.30 Uhr und wird der «nächste Champion», wie ihre Mutter stolz erzählt. Maria verbindet einiges mit Wimbledon. Als sie mit Charlotte schwanger war, spielte sie in der ersten Runde an der Church Road. Im ersten Jahr nach der Geburt erreichte sie Runde drei – bis 2022 ihr bestes Resultat. Nun kam Cecilia vor 15 Monaten zur Welt und Maria ist so gut wie nie zuvor.

Wohnort:

Mit ihrer Familie wohnt die in Bad Saulgau geborene Athletin in Palm Beach Gardens an der Ostküste Floridas in den USA. In der Nähe berühmte Tennis-Nachbarinnen: Zu den Williams-Schwestern Venus und Serena pflegt sie Kontakt, tauscht sich mit Serena auch über das Muttersein aus. Wenn Familie Maria unterwegs ist, bekommt Tochter Charlotte digitalen Unterricht an der Florida Virtual School. Bis zum 1. August sind Ferien. «Die Lehrer sind meganett, rufen an, machen Tests», berichtete Mama Maria, die liebend gern über ihre Doppelrolle spricht: «Das Wichtigste in meinem Leben ist, Mutter von zwei Kindern zu sein. Nichts wird das ändern.»

Spielstil:

Mit ihrem unorthodoxen Spielstil, der fast ein wenig aus der Zeit gefallen scheint, entnervt Maria ihre Gegnerinnen. Auch auf der Vorhand spielt sie viele Bälle mit Unterschnitt, ist extrem laufstark und kämpfte sich in Wimbledon so auch bei Rückständen immer wieder in die Partien zurück. «Es wird jede Menge Slice-Bälle in diesem Match geben», prognostizierte ihre Gegnerin Jabeur, ebenfalls eine Freundin der Familie, auch für das bevorstehende Halbfinale. «Darauf müsst ihr euch einstellen.»

Schicksalsschläge:

Dass Tatjana Maria heute noch Tennis spielt, ist keineswegs selbstverständlich. Vor 14 Jahren wurde bei ihr eine Thrombose am Bein entdeckt. Maria schwebte in Lebensgefahr, weil nach einer Lungenembolie der Herzstillstand drohte. Es folgten Operationen. Wenig später starb ihr Vater, der sie zu Turnieren begleitet hatte. «Bei mir sind ein paar Sachen passiert, die einen automatisch stärker machen», sagte sie in Wimbledon.

Persönlichkeit:

Maria tritt tiefenentspannt und zugleich stets gut gelaunt auf. Das Wort «unkompliziert» beschreibe die 34-Jährige am besten, erzählt Barbara Rittner. «Man spürt, dass sie komplett in sich ruht, angekommen ist und ein ganz zufriedener Mensch ist», sagte die Damen-Bundestrainerin der Deutschen Presse-Agentur über Maria. Rittner erinnert sich an zahlreiche Fed-Cup-Auftritte der Generation um Angelique Kerber, Julia Görges, Sabine Lisicki und Maria, die vor ihrer Hochzeit Malek hieß. «Sie war immer die ausgeglichenste, die unkomplizierteste, mit den geringsten Ansprüchen. Sie tut der Stimmung einfach gut.»