Dimitrios Grammozis sah nicht besonders glücklich aus, als er sich seine geknickten Spieler zum Abklatschen holte.
Beim Gang zu den Fans bekamen der Trainer des FC Schalke 04 und seine Profis aber dann doch noch warmen Applaus von den knapp 20.000 Fans – trotz der 1:3 (1:0)-Niederlage zum Start in die 2. Fußball-Liga gegen Mitfavorit Hamburger SV. Laute «Schalke»-Rufe hallten am Freitagabend aus der Nordkurve.
«Wir sind sehr enttäuscht, dass wir das Spiel spät aus der Hand geben», sagte Neuzugang Dominick Drexler, der erst seit wenigen Tagen bei der Mannschaft ist, bei Sat.1 nach dem ersten Zweitligaspiel der Königsblauen seit 30 Jahren. «Dass wir ein Spiel verloren haben, ist scheiße, das muss man einfach so sagen. Trotzdem weiß ich, was man für einen langen Atem braucht, da entscheidet nicht der erste Spieltag.»
Nach 100 Erstliga-Duellen war es der erste Vergleich beider Teams im Unterhaus. Der frühere Hamburger Simon Terodde brachte die Gastgeber früh in Führung (7. Minute). Doch Robert Glatzel (53.), Moritz Heyer (86.) und Bakery Jatta (90.) drehten die Partie für den HSV, für den es inzwischen die vierte Zweitliga-Saison in Serie ist.
«Haben trotzdem noch Nachholbedarf»
«Wir haben trotzdem noch Nachholbedarf», sagte HSV-Trainer Tim Walter bei Sat.1. «Wir sind mit dem Tor wachgeküsst worden und besser ins Spiel gekommen.» Der Sieg sei «ein Anfang, aber mehr auch nicht». Sebastian Schonlau meinte bei Sky: «Man sieht: Die Mannschaft glaubt dran!»
Schalke erwischte zunächst einen Traumstart. Lautstark angefeuert von den 19.770 zugelassenen Zuschauern stürmten die Knappen munter drauf los, als habe es die lange Niederlagenserie in der dramatischen Saison 2020/21 nicht gegeben. Schon in der fünften Minute hatte Terrode gegen seinen Ex-Club die frühe Chance zur Führung.
«Wir haben richtig Bock auf diese Partie», hatte Grammozis vor der Partie gesagt – und das merkte man den Königsblauen auch tatsächlich an. Grammozis hatte gleich acht Neuzugänge in die Startelf berufen. Auch der erst während der Woche aus Köln verpflichtete Dominick Drexler stand überraschend in der ersten Formationen, die den Schalker Neuanfang einleiten sollte. Und die neu zusammengestellte Mannschaft machte viel Spaß.
Ex-Hamburger Terrode trifft früh
Zwei Minuten nach seiner ersten Chance brachte Terodde die Hausherren in Führung. Nachdem der Schiedsrichterassistent den Treffer wegen Abseits zunächst nicht gegeben hatte, überstimmte Günter Perl im Kölner Keller die Entscheidung und löste damit einen kolossalen Freudenschrei in der Schalker Arena aus, in dem sich all der Frust und das Leid aus der vergangenen Saison bei den Schalke-Fans entlud. «Spitzenreiter, Spitzenreiter», hallte es danach durch die Arena.
Der HSV brauchte eine Weile, um sich vom Schock des Fehlstarts zu erholen. Danach bekam das Team des neuen Trainers Walter die Partie aber besser in den Griff und hatte in der 27. Minute die große Chance zum Ausgleich. Doch Glatzel scheiterte mit einem Foulelfmeter an Schalke-Torwart Michael Langer, der nur im Tor stand, weil Stammkeeper Ralf Fährmann nach einem positiven Corona-Test fehlte.
Glatzel-Treffer leitet Wende ein
Zur Pause führte das neue Schalker Team so mit 1:0 und wurde mit warmem Applaus verabschiedet. Nur die Verletzung von Kapitän Danny Latza trübte ein wenig die Freude.
Doch auch nach dem Seitenwechsel blieb der HSV das spielerisch bessere Team und wurde bereits kurz nach der Pause mit dem Ausgleich belohnt. Tim Leibold scheiterte mit einem Freistoß noch am stark reagierenden Langer, doch Glatzel war im Nachschuss zur Stelle und machte seinen Fehlschuss vom Elfmeterpunkt wieder wett.
Danach entwickelte sich ein packendes Spiel, das bei allen Unzulänglichkeiten viel Lust auf diese Liga mit ihren zahlreichen Traditionsclubs machte. Bakery Jatta vergab für den HSV (54.), Thomas Ouwejan (55.) und Terodde (61.) für Schalke. Dann drehte Hamburg noch einmal auf.