Urs Fischer geht es wie einigen Männern Mitte fünfzig. Veränderungen fallen in diesem Alter teilweise schwer. Besonders, wenn man doch bislang ganz gut durch das Leben ging.
Fischers Konzept als Trainer des 1. FC Union Berlin war die des ewig cleveren Underdogs. Das passte so wunderbar zum Selbstverständnis des selbsterklärten Arbeiter-Clubs aus dem Osten der Hauptstadt. Doch plötzlich macht der mit dieser Haltung erreichte Erfolg Fischers Strategie selbst zunichte.
«Favorit? Jetzt haben wir schon wieder die Favoritenrolle. Ein Wahnsinn», entfuhr es Fischer nach dem ziemlich ordentlichen 1:1 (1:1) zum Saisonauftakt gegen Bayer Leverkusen. Das vom schallenden Lachen übertönte Entsetzen des 55-Jährigen war nicht gespielt. Der Haken: Fischer war nicht gefragt worden zur Rolle Unions in der Fußball-Bundesliga. Es ging um den nächsten Gegner, Kuopio PS, dem Kontrahenten in den Playoffs zur Conference League, dem dritten und kleinsten Europacup.
Union spielt wieder international
Wenn Union am Donnerstag (18.00 Uhr/MESZ) erstmals seit 20 Jahren wieder international spielt, steht man natürlich als deutscher Vertreter gegen einen finnischen Pokalsieger unter Siegzwang. Robin Knoche, Fischers auch gegen Leverkusen grundsolider Abwehrchef, ist gut halb so alt wie sein Trainer und hat mit dem Paradigmenwechsel kein Problem. «Das wird ein ganz anderes Spiel. Die werden sich hinten reinstellen. Da müssen wir anders rangehen, an die Aufgabe», sagte der 29-Jährige nach dem 17. Liga-Heimspiel ohne Niederlage.
Umstellen müssen sie sich in Berlin-Köpenick nach dem siebten Platz in der Vorsaison, der sie nach Europa führte. Und wenn es nur Details sind. Keinen Tag frei gibt es für die Profis. Fischer startet gleich die Vorbereitung für die Reise nach Helsinki. «In erster Linie gilt es, gut zu regenerieren, dann werden wir das Auswärtsspiel in Angriff nehmen», sagte der Schweizer, auch wenn er noch ein wenig Probleme mit dem Namen des Gegners hatte. «Kuopio PS, irgendwie.»
Keine Gedanken muss sich Fischer um Taiwo Awoniyi machen. Der Premieren-Torschütze der Saison brauchte viel Zeit, um zu seinem Auto zu kommen. Auf dem Parkplatz vor dem Stadion an der Alten Försterei stand der Nigerianer geduldig für ein Fan-Selfie nach dem anderen bereit. Sein Grinsen war Zeichen der guten Laune.
Entwarnung bei Awoniyi
Erst der Treffer und dann auch noch eine Entwarnung. Der Oberschenkel bereitet keine Schwierigkeiten. «Es ist alles okay. Es gibt kein Problem», sagte der 24-Jährige. Gegen Leverkusen war der Stürmer in der 63. Minute ausgewechselt worden und hatte dem Anschein nach muskuläre Probleme.
Ein möglicherweise längeres oder auch letztes Gespräch steht für Fischer mit Robert Andrich an. Unklar ist noch, ob der Mittelfeldabräumer gegen Kuopio zur Verfügung steht. Gegen Leverkusen stand er überraschend nicht im Kader. Laut Fischer habe sich der 26-Jährige nach einer Blessur aus dem Pokalspiel am vergangenen Sonntag «nicht bereit» für einen Einsatz gefühlt.
Andrich soll vor einem Wechsel nach Leverkusen stehen, entweder noch in dieser oder in der kommenden Saison. Die «Bild»-Zeitung berichtete, der Verein habe versehentlich auf der Homepage schon ein vorbereitetes Abschiedsvideo für Andrich angekündigt.