Flick feiert Remis – Gelassen zur WM-Auslosung

Hansi Flick saß im Pressesaal der Amsterdam-Arena auf dem Podium und klang nach seinem ersten nicht gewonnenen Spiel als Bundestrainer begeisterter als nach allen acht Siegen zuvor.

Der Bundestrainer sprach seinem Team, dem einige Topspieler fehlten, am späten Dienstagabend nach dem 1:1 (1:0) gegen den Fußball-Erzrivalen Holland «ein Riesenkompliment» aus – besonders für die dominanten ersten 60 Minuten. «Einfach erfrischend», lobte Flick den Auftritt beim ersten echten internationalen Gradmesser.

«Ich weiß, dass wir über 90 Minuten diese Leistung abrufen müssen. Aber die Intensität von der Mannschaft war enorm hoch», resümierte der DFB-Chefcoach. «Die Richtung stimmt», befand auch Torschütze Thomas Müller nach dem inklusive des 2:0 gegen Israel ordentlichen Start in das WM-Jahr. «Wenn man einen Strich drunter zieht, sind wir auf einem sehr guten Weg», urteilte auch Kapitän Manuel Neuer.

Das Ausgleichstor von Steven Bergwijn (68.) für die erst nach einer Stunde aufdrehenden Gastgeber konnte auch Deutschlands Nummer 1 nicht verhindern. Die DFB-Elf hatte zuvor durch David Raum das 2:0 verpasst. Holland hätte aber später auch das Siegtor erzielen können. Ein Elfmeterpfiff nach Zweikampf von Thilo Kehrer mit Memphis Depay wurde nach Intervention des Video-Assistenten aber zurückgenommen.

Lob für Musiala

Flick nimmt aus dem ersten Lehrgang viele Erkenntnisse mit. Größter Gewinner der Woche ist Bayern-Talent Jamal Musiala. Der 19-Jährige nutzte selbstbewusst das Fehlen seiner Münchner Kollegen Joshua Kimmich und Leon Goretzka, um sich auf der Sechser-Position als «Option» zu empfehlen, wie Flick lobte: «Jeder Einzelne hat gesehen, was für eine Qualität er hat.» Auch die U21-Europameister Nico Schlotterbeck und Raum konnten für ein WM-Ticket punkten. «Der Kader wird immer größer», frohlockte Flick kurz vor Mitternacht.

Die nächste Dienstreise wird er mit einer DFB-Delegation schon am Donnerstag antreten. Dann geht es nach Katar, wo an diesem Freitag die WM-Gruppen ausgelost werden. Flick fliegt entspannt nach Doha. Er muss keinen Gegner fürchten. «Wir müssen da einfach sitzen, zuschauen und danach unsere Meinung zur Gruppe abgeben.»

Der viermalige Weltmeister Deutschland ist wie Holland im zweiten Lostopf gesetzt. Aus Topf eins könnte das DFB-Team Belgien, Brasilien, Frankreich, Argentinien, England, Spanien, Portugal sowie als leichtesten Gegner Gastgeber Katar erwischen. Ein Versprechen gab Flick bereits für das Turnier vom 21. November bis 18. Dezember: «Auf die Aufgaben, die wir bekommen, werden wir uns top vorbereiten.»

Bondscoach Louis van Gaal erhob Flicks Team sogar in den Kreis der Anwärter auf die WM-Krone. «Deutschland ist ein Top-Kandidat für den WM-Titel», sagte der ehemalige Bayern-Trainer, der nach Flick im Pressesaal Platz nahm und sich zu seinen Ausführungen einen Kaffee und Kekse gönnte: «Die erste Halbzeit konnten wir uns nicht lösen vom Druck der Deutschen. Aber unsere zweite Halbzeit war fantastisch.»