Frank Ullrich: «Jahrzehnt mit Wumms sportlich» gestalten

Der Sportausschussvorsitzende des Bundestages plädiert in der Debatte um die staatliche Förderung für ein ziel- und praxisorientierteres Sportsystem. «Ich denke, es ist wichtig, sowohl bei der Spitzensportreform als auch beim Zukunftsplan kein Bürokratiemonster zu schaffen», sagte Frank Ullrich der Deutschen Presse-Agentur.

«Wenn eine Vorgabe verfehlt wird, sollte schnell und einfach nachjustiert werden können. Im Moment habe ich das Gefühl, dass die Reform mit zu viel Bürokratismus untersetzt ist.»

Ein engmaschiges Drehen an bestimmten Stellschrauben sei derzeit sehr schwerfällig. «Erfolg im Leistungssport setzt ein gewisses Maß an konkreten Zielvorgaben und Flexibilität voraus, und genau diese müssen geschaffen werden», forderte der SPD-Politiker. «Wir müssen den Anspruch haben, dieses Jahrzehnt mit Wumms sportlich zu gestalten.»

Die Forderung von Athleten, mehr Förderung für Nachwuchssportler bereitzustellen und auch Topsportler besser finanziell abzusichern, um gegen die Vollprofis in anderen Ländern konkurrenzfähig zu sein, findet seine Unterstützung. «Sport, Gesundheit und Bewegung gehören zusammen, wie Höchstleistung, effektive Förderung und optimale Rahmenbedingungen für Basis und Spitze», sagte der ehemalige Biathlon-Bundestrainer der Männer.

Ullrich fordert «Grundsatzdebatte»

Die Förderung der Athleten habe sich bereits durch die Aufstockung der staatlichen Förderstellen bei der Bundeswehr und Bundespolizei etwas verbessert. «Allerdings ist dies nur ein Puzzleteil von vielen. Für eine optimale Förderung unserer Nachwuchssportler halte ich eine Überarbeitung des Kadersystems für erforderlich», betonte Ullrich.

Das primäre Ziel der Förderung soll nach seiner Ansicht Leistung und Spitzensport sein, «wie der Begriff schon sagt, primär an Leistungen und Spitze orientieren und messen». Genau dieser Aspekt müsse sich auch im Sportsystem und in der Förderlogik wiederfinden.

«Unabhängig davon bin ich ebenfalls ein Befürworter eines komplexeren Denkens», sagte Ullrich. «Deswegen halte ich es für erforderlich, eine Grundsatzdebatte mit allen Stakeholdern zu führen, welche Aufgabe und Bedeutung der Sport in unserer Gesellschaft haben sollte. Er stärkt unsere Gesellschaft im Zusammenhalt.»

Deshalb unterstütze er die Idee des Deutschen Olympischen Sportbundes, den Sport als ein Bürgerrecht in unser Grundgesetz zu verankern. Ullrich: «Wenn der Sport die Wertschätzung und Aufmerksamkeit bekäme, die er verdient, dann kann er sich auch entfalten und Millionen Menschen begeistern, so wie wir es zu den European Championships in München erlebt haben.»

Sporthilfe: Förderung an Bedürfnissen orientieren

Die Deutsche Sporthilfe hält eine stärker an den Bedürfnissen der Spitzensportler orientierte Sportförderung für notwendig. Sie müsse «persönlicher und individueller» werden», sagte der Vorstandsvorsitzende Thomas Berlemann der Deutschen Presse-Agentur. «In der zukünftigen Ausgestaltung möchte die Sporthilfe aufgrund unserer langjährigen Erfahrung eine zentrale Rolle einnehmen», ergänzte er. «Wir können auch in Zukunft den Athleten und Athletinnen die notwendige Förderung bieten, damit sie sich perspektivisch auf Weltklasse-Niveau entwickeln.»

Die Leistungssportreform ziele darauf ab, vor allem Sportarten mit viel Erfolg und Medaillen am meisten zu fördern, den Nachwuchs und Disziplinen mit Potenzial dagegen nicht genug. Es sei zu prüfen, «ob und in welcher Weise eine weitere Fokussierung auf die hoffnungsvollen Nachwuchsathleten gelegt werden sollte», sagte Berlemann. Damit könne man die Besten der Besten mit Blick auf Paris 2024 und perspektivisch auch für die Olympischen Spiele in Mailand/Cortina d’Ampezzo im Winter 2026 und Los Angeles 2028 vorbereiten.