Rebecca Langrehr will die Pferde-Disziplin bei der Weltmeisterschaft in Alexandria noch einmal kräftig auskosten. «Ich werde es vermissen und deshalb genieße ich es und freue mich noch auf jeden Wettkampf, bei dem das Reiten dabei ist», sagt die deutsche Meisterin der Deutschen Presse-Agentur.
Bei der vom 24. bis zum 31. Juli ausgetragenen WM ist das Springreiten noch vertreten. Bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris findet der Moderne Fünfkampf zum letzten Mal mit der Disziplin statt.
Der Moderne Fünfkampf im Wandel
Etwas sentimental blickt Langrehr der Zukunft ihres Sports entgegen. Der Fünfkampf soll moderner werden. Konkret bedeutet dies der Verzicht auf das Springreiten. Nach den Vorfällen bei Olympia in Tokio um die deutsche Fünfkämpferin Annika Schleu musste ein Ersatz her. Bei dem ihr zugelosten und verunsicherten Pferd hat die damals Führende verzweifelt Gerte und Sporen eingesetzt.
Die Bilder führten zu einer hitzigen Diskussion, in die sich auch Tierschützer einschalteten. Funktionäre betonten anschließend, dass der Sport mit den Pferden auch ohne den Vorfall in Tokio schon auf dem Prüfstand war. Für viele Fünfkämpfer war das bevorstehende Aus der Disziplin ein Schock. «Ich denke, die Mehrheit der Athleten ist eigentlich der Meinung, dass das Reiten dazu gehört», sagt Langrehr.
Die Pentathleten sollen sich nicht mehr auf ein Pferd, sondern auf Geräte schwingen. Der Weltverband UIPM testete im Juni die Ersatzdisziplin in Ankara: Ein Hindernis-Parcours, der dem «Ninja Warrior» aus der gleichnamigen RTL-Show ähnelt. Auf einer Strecke von 100 Metern mussten Sportler neun Hindernisse bewältigen.
Modernisierungsprozess im Sport
Michael Dörr, Präsident des Deutschen Verbandes für Modernen Fünfkampf (DVMF), kann die Sentimentalität einerseits verstehen, andererseits treibt er auch bewusst einen Modernisierungsprozess voran. «Ich selbst sage freimütig, dass ich als bekennender Pferdeliebhaber den Verlust des Reitens sehr bedaure», sagt er und fügt hinzu: «Wenn Moderne Fünfkämpfer wirklich den „perfekten Athleten“ repräsentieren wollen, dann dürfen wir in der heutigen Zeit nicht mehr ein Lebewesen für den eigenen Erfolg manipulieren wollen.»
Dörr ist davon überzeugt, dass mit dem Parcours eine neue Disziplin gefunden wurde, «die mehr als nur notdürftiger Ersatz ist, sondern extrem anspruchsvoll und weltweit populär» ist. Der Funktionär verspricht sich eine weltweite Steigerung der Attraktivität. Er finde es bezeichnend, wenn ein großer US-Fernsehsender «Ninja Warrior» im Hauptkanal zeige, während die Leichtathletik-WM auf dem zweiten Kanal des Senders laufe. «Dies ist ein eindeutiges Signal, dem es Rechnung zu tragen gilt, ob uns das gefällt oder nicht.»
Für die Sportler bedeutet das Erlernen des Parcours einen enormen Aufwand. Langrehr fragt sich, ob sie die Kraft für die neuen Parcours-Aufgaben mitbringt. «Mein erster Eindruck war: Oh Gott. Ich bin nicht gut im Krafttraining, in Klimmzügen und Liegestützen», sagt sie. Die Fünfkämpfer müssten viel Kraft aufbringen und gleichzeitig dürften sie nicht zu schwer sein.
Dörr: «Zeit der schlanken Riesen wird vorbei sein»
Dass sich die Sportler in einem «Dilemma» befinden, weiß auch Dörr. «Die Zeit der schlanken Riesen, wie sie derzeit die Szenerie des Modernen Fünfkampfs beherrschen, wird weitestgehend vorbei sein», sagt der DVMF-Präsident. «Viele werden nicht mehr konkurrenzfähig sein, auch wenn sie sich noch so sehr bemühen.»
Mit dem neuen Format will der Weltverband seinen Olympia-Status erhalten und auch 2028 in Los Angeles wieder zum Programm gehören. Die IOC-Forderung lautet, dass der fünfte Wettbewerb neben Fechten, Schwimmen und dem Laserrun aus Pistolenschießen und Laufen weltweit zugänglich, unter allen Altersklassen populär, dynamisch und attraktiv für Zuschauer weltweit sowie kostengünstig und leicht verständlich sein muss.
Bis zur finalen Entscheidung schwingt sich Langrehr noch auf Pferde. Vor der Qualifikations-Runde am Mittwoch plagten sie noch gesundheitliche Beschwerden. Daher gab sie sich nur Zwischenziele. «Ich möchte ins Halbfinale kommen, ein gutes Fechten abliefern. Wenn alles passt und ich es ins Finale schaffe, dann möchte ich einfach mit dem Wettkampf zufrieden sein.»