Fußball-Drama in München: Später Elfmeter schockt Bayern

Der Kampf um den Wembley-Traum wird für den FC Bayern zu einer Prüfung für wahre Champions. Nach einem grandiosen Comeback mit Toren von Leroy Sané (53. Minute) und Elfmeterschütze Harry Kane (57.) schockte Real Madrid die Münchner in der ersten Runde des Champions-League-Klassikers durch ein spätes Elfmetertor zum 2:2 (0:1) von Vinicius Junior (83.). Der Brasilianer hatte vor der Pause nach einem Weltklasse-Pass von Toni Kroos auch den ersten Treffer für die Königlichen (24.) erzielt.

Noch ist für Trainer Thomas Tuchel und seine Mannschaft aber noch alles drin, auch wenn die Münchner am Mittwoch kommender Woche beim Halbfinal-Rückspiel in Spanien über sich hinauswachsen müssen, um elf Jahre nach dem Wembley-Triumph wieder nach London reisen zu dürfen. Gegner im Endspiel könnte dann wie 2013 Borussia Dortmund sein, das sich im anderen Halbfinale gegen Paris Saint-Germain durchsetzen will.

Ein Abend wie gemacht für Fußball-Dramatik

Es hätten keine besseren Bedingungen für dieses mitreißende Duell herrschen können: Ein herrlicher lauer Sommerabend und Gänsehaut-Atmosphäre. Mit einem riesigen Banner mit Franz Beckenbauer empfingen die Bayern-Anhänger ihre Mannschaft beim Gang aufs Spielfeld. Der am 7. Januar gestorbene «Fußball-Kaiser» hatte die Bayern als Kapitän vor 50 Jahren zum ersten Triumph im Landesmeister-Wettbewerb geführt.

Die Herzlichkeit, die im Kabinengang zwischen den Teams herrschte, war mit dem Anpfiff vorbei – und es waren die Bayern, die ordentlich Druck machten. Nach rund 40 Sekunden scheiterte Sané an der reflexartigen Grätsche von Reals Torwart Andrij Lunin. In der siebten Minuten schoss Sané bei seiner zweiten Chance übers Tor, ebenso Kane (9.) mit einem frechen Lupfer fast von der Mittellinie, als Lunin weit vor seinem Kasten stand. Wenig später verzog Jamal Musiala (12.). Ein mitreißender Beginn.

Steilpass-Kroos mit Weltklasse-Vorarbeit

Aber Real wäre nicht Real, wenn die Mannschaft von Carlo Ancelotti diese Phase nicht überstanden hätte, ohne in allzu große spürbare Nervosität auszubrechen. Vor allem Nationalmannschaftsrückkehrer Kroos sorgte nun für mehr Kontrolle im Spiel der Gäste. Und nicht dafür: Sein Steilpass mit dem Prädikat Weltklasse durchs Mittelfeld und die Abwehr der Bayern hindurch, musste Vinicius Junior nur noch vollenden. Im Mittelkreis riss Kroos triumphierend die Arme nach oben.

Der Gegentreffer mit der ersten Chance zeigte Wirkung bei den Bayern, die zwar auf Matthijs de Ligt verzichten mussten, aber in Musiala und Sané sowie Konrad Laimer gleich drei zuletzt angeschlagene Spieler doch einsetzen konnten. Tuchel redete zwischenzeitig wild auf Sané und auch Leon Goretzka ein. Erst mit einem wuchtigen Freistoß knapp am Tor vorbei durch Kane (42.) meldeten sie sich kurz vor der Pause zurück.

Der Doppelschlag, der das Spiel wendet

Tuchel reagierte in der Pause, brachte den spielstärkeren Raphael Guerreiro für Goretzka. Sané rückte erstmal auf die rechte Seite, Musiala versuchte sich über rechts. Die Devise war klar: Mindestens der Ausgleichstreffer musste her. Doch wäre Kroos (51.) beinahe der zweite Treffer der Gäste gelungen. Mit einer Glanztat parierte Auswahlkollege Manuel Neuer aber den Schlenzer des deutschen Real-Antreibers.

Und dann passierte es auf Gegenseite und vorbei war es auf einmal mit der Real-Ruhe: Sané setzte sich durch und zog wie einst Robben, der als Experte gebannt das Spiel vor Ort verfolgte, mit links ab und traf ins kurze Eck. Sein erstes Tor seit und sechs Monaten. Doch damit nicht genug, Musiala wurde nur kurz später im Strafraum gefoult. Elfmeter. Eine Sache für Kane. Auf den Rängen applaudierten begeistert auch Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß, der 240-Sekunden-Doppelschlag setzte neue Kräfte frei.

Kane verpasste das Tor um Zentimeter (66.), mit einem Kopfball scheiterte Eric Dier Sekunden danach an Lunin, ehe dann das Foul von Min-Jae Kim an Rodrygo die souveräne Phase der Bayern zunichte machte und das Rückspiel zum ganz heißen Tanz in Madrid.

Von Klaus Bergmann, Christian Kunz und Jens Marx, dpa