Als er in der 97. Minute im eigenen Strafraum den Ball vor dem heranstürmenden Torhüter Joe Hart weg köpfte, war Robert Andrich für viele Fans von Bayer Leverkusen schon längst ein «Fußballgott».
In den Sozialen Medien wurde der 27-Jährige schon während des 3:2 (1:1)-Sieges gegen Celtic Glasgow ausgiebig gefeiert und auch die Fans im Stadion riefen nach dem Schlusspfiff unentwegt seinen Namen. Nicht nur wegen seines erstes Doppelpacks im Profi-Fußball wurde Andrich an diesem Abend zum Eurofighter.
«Das hat mich riesig gefreut. Es ist nicht alltäglich, wenn von der Kurve der Name gerufen wird», sagte der eisenharte Mittelfeldspieler mit den vielen Tattoos berührt: «Das ist sehr schön für die Seele.»
Als er im Sommer für 6,5 Millionen vom 1. FC Union Berlin zur Werkself gewechselt war, hielten ihn viele für einen Ergänzungsspieler. Und in den ersten zehn Pflichtspielen stand er auch nur einmal in der Startelf. Doch mitten in der ersten Saisonkrise wurde Andrich zur Stammkraft. Und erwies sich als Mentalitätsspieler, an dem sich die anderen aufrichten.
«Im Moment läuft es nicht verkehrt»
Mit der Rückennummer 8, die in den vergangenen zwölf Jahren Kapitän Lars Bender trug, geht er voran und trifft nun auch regelmäßig. Gegen Celtic zum 1:0 (16.) und kurz vor Schluss auch zum wichtigen 2:2 (82.). «Im Moment läuft es nicht verkehrt», sagte der gebürtige Potsdamer lachend.
Auch Trainer Gerardo Seoane schwärmte regelrecht von Andrich. «Er bringt Robustheit und Zweikampfstärke ins Mittelfeld, aber auch Spielverständnis und Technik. Auch offensiv hat bei ihm alles Hand und Fuß», sagte der Schweizer: «Er ist in den letzten Wochen immer wichtiger geworden. Er hat seine Chance extrem genutzt und Verantwortung übernommen.»
«Provokation gehört im Fußball dazu»
Doch Andrich, der keinen Führerschein hat und mit der Bahn zum Training kommt, «weil es gut für die Umwelt ist», überzieht auf dem Platz auch manchmal. Und das weiß er selbst. «Da gingen vielleicht die Emotionen ein bisschen mit mir durch», sagte er zu seinem Torjubel nach dem 2:2, als er seinem Gegenspieler die Freude ins Gesicht schrie. «Das war Freude mit ein bisschen Provokation. Ein Tick Provokation gehört im Fußball dazu. Bei mir vielleicht manchmal ein bisschen mehr», sagte er: «Er war mein Gegenspieler bei Ecken. Nachdem er die ersten zwei nicht so gut verteidigt hat, hat er es sehr ernst genommen. Da wollte ich ihm zeigen: Manchmal kannst du mich nicht decken.»
Solche Provokationen hätte es vielleicht nicht gebraucht. Dennoch ist der vermeintliche Ergänzungsspieler Andrich zum Leader aufgestiegen.