Gedämpfte Vorfreude auf die WM: Ruderer auf Formsuche

Schwache Leistungen, angespanntes Klima – die Vorfreude im Deutschen Ruderverband auf die WM hält sich in Grenzen.

Fünf Wochen nach der EM in München mit nur einer Bronzemedaille in den 14 olympischen Bootsklassen droht beim Saisonhöhepunkt vom 18. bis 25. September im Racice (Tschechien) eine weitere sportliche Flaute. Spannungen zwischen Athleten und Verbandsführung sorgten zuletzt für weitere negative Schlagzeilen. Große Leistungssprünge sind in dieser Gemengelage kaum zu erwarten. Brigitte Bielig dämpfte die Erwartungshaltung. «Wir müssen kleine Brötchen backen. Wir sind international noch nicht so konkurrenzfähig, wie wir das gern hätten», sagte die Bundestrainerin der Deutschen Presse-Agentur.

Die Zeiten, in denen der größte Ruderverband der Welt zuverlässig für internationale Erfolge sorgte, sind vorbei. Um wieder Kontakt zur Weltspitze herzustellen, sind Umstrukturierungen unvermeidlich. So ist für die folgende, vorolympische Saison eine Zentralisierung des Trainingsbetriebs an drei Leitungsstützpunkten vorgesehen. Die Trainingslager in Zakopane (Polen) und Völkermarkt (Österreich) wurden deshalb nicht nur zur WM-Vorbereitung, sondern auch für Gespräche mit den Athleten und das Werben für diese Pläne genutzt. Das soll auch zur Verbesserung des Binnenklimas beitragen.

Bielig wirbt um Geduld mit dem verjüngten Kader

Gut möglich, dass die Rufe nach Veränderungen im Anschluss an die WM noch lauter werden. Schließlich ist die Zahl der Medaillenaspiranten so überschaubar wie selten. Einzig den beiden Einern mit Oliver Zeidler (München) und Alexandra Föster (Menden) sowie dem Achter werden Chancen auf einen Podestplatz eingeräumt. Bielig warb um Geduld mit dem stark verjüngten Kader: «Das wird noch nicht das Jahr, in dem wir auftrumpfen.»

Selbst die jahrelangen Erfolgsgaranten aus dem Achter, die nach dem ohnehin großen Umbruch zum Saisonstart nun auch noch auf die beiden beruflich verhinderten Leistungsträger Laurits Follert und Olaf Roggensack verzichten müssen, gehören nach dem vierten Rang in München nicht mehr zum engen Favoritenkreis. Die guten Leistungen im Trainingslager machen Coach Uwe Bender jedoch Mut: «Wir wollen um das Podium mitfahren. Wir nehmen uns immer viel vor. Das liegt natürlich auch in der Geschichte des Deutschland-Achters.»

Zu allem Überfluss mindert auch das Coronavirus die Schlagkraft der DRV-Flotte. Nach diversen positiven Tests müssen mit dem Männer-Doppelvierer, dem Frauen-Zweier ohne Steuerfrau und dem Frauen-Achter drei Teams auf einen Start verzichten. «Wir treten mit einer mächtig dezimierten Mannschaft an. Für uns wird es leider eine WM der Übriggebliebenen», klagte Bielig und hofft, dass weitere Infektionen ausbleiben. «So viel Pech können wir gar nicht haben.»

Von Heinz Büse, dpa