Geschkes Zimmerkollege Izagirre siegt auf Chaos-Etappe

Simon Geschke stürmte freudestrahlend auf seinen Zimmerkollegen Ion Izagirre zu und jubelte, als hätte er gerade selbst die zwölfte Etappe der Tour de France gewonnen. Doch statt des Freiburgers sorgte sein spanischer Kumpel als Ausreißer für den Coup im berühmten Weinbaugebiet Beaujolais.

«Wir kommen sehr gut miteinander klar. Wir wussten, dass er stark ist, aber das war eine verrückte Etappe. Ich habe komplett den Überblick verloren», sagte Geschke. Für sein Team Cofidis war es bereits der zweite Tagessieg bei der diesjährigen Tour, nachdem man es 15 Jahre lang vergeblich versucht hatte.

Am letzten Anstieg des Tages attackierte Izagirre aus einer Spitzengruppe heraus. «30 Kilometer waren ein weiter Weg ins Ziel, aber ich habe an mich geglaubt. Ich habe einfach den Kopf unten gehalten und in die Pedale getreten», sagte der 34-Jährige. Nach dem Erfolg auf der 20. Etappe 2016 war es sein zweiter Tagessieg bei einer Tour. «Ich habe schon die ganze Tour versucht, in die Gruppe zu kommen. Heute war es endlich so weit.»

Favoriten schonen ihre Kräfte

Die Top-Favoriten Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar schonten sich für die anstehenden Berg-Etappen, einfach war die Hatz nach Belleville-en-Beaujolais jedoch nicht. 3100 Höhenmeter mussten bewältigt werden, anderthalb Rennstunden folgte Attacke auf Attacke. «Solche Etappen sind manchmal schwerer als Hochgebirgsetappen, weil viel härter gefahren wird», sagte Geschke. «Zehn Minuten kann man schneller den Berg hochfahren als eine Stunde. Das macht die mittelschweren Etappen besonders herausfordernd.»

Am Freitag geht es in Richtung Alpen. Bei der schweren Bergankunft auf dem Grand Colombier wird das nächste Kapitel des Duells von Vingegaard und Pogacar erwartet. In der Gesamtwertung ergaben sich keine Veränderungen. Titelverteidiger Vingegaard liegt im Gelben Trikot 17 Sekunden vor dem Slowenen Pogacar. Der australische Bora-Kapitän Jai Hindley liegt 2:40 Minuten zurück auf Platz drei.

Chaotisches Rennen mit wechselnden Spitzengruppen

Nach dem welligen Start überboten sich mehrere Fahrer mit Attacken, die aber zunächst wirkungslos blieben. Es blieb ein chaotisches Rennen mit wechselnden Spitzengruppen. Kurz vor Beginn der letzten drei Anstiege sammelte sich das Feld um die Favoriten. Dort auch dabei: Kapitän Hindley und Helfer Nils Politt vom deutschen Team Bora-hansgrohe. Im Teamfunk hatte zuvor ihr sportlicher Leiter Rolf Aldag eine Ansage an Politt erteilt, keine Attacken zu fahren, sondern beim australischen Podiums-Anwärter Hindley zu bleiben.

Nach den knapp verpassten Etappensiegen in den vergangenen Tagen von Georg Zimmermann am Dienstag und Sprinter Phil Bauhaus einen Tag später waren von den deutschen Fahrern keine Glanzleistungen zu erwarten. Zumal Zimmermanns belgisches Team seinen Kollegen Lilian Calmejane mit Freiheiten ausstattete, die der Augsburger noch vor dem Erreichen seines zweiten Platzes genossen hatte.

Insgesamt stellte Geschke dem deutschen Aufgebot ein positives Zwischenzeugnis aus. «Zweiter und Dritter bei der Tour sind keine schlechten Ergebnisse», sagte der 37-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. «Mit sieben Startern aus deutscher Sicht wird es definitiv schwer, einen Etappensieg einzufahren», merkte er jedoch an.

Kletterer hoffen auf Bergfest am Feiertag

Das weltweit beachtete Radsport-Event hat die Halbzeit geschafft. Den zweiten Teil wird Sprinter Fabio Jakobsen nicht mehr als Teil der Rundfahrt erleben. Der schnelle Mann aus den Niederlanden teilte vor der Etappe mit, dass er sich von der Tour zurückzieht. Er leide noch immer an den Folgen eines Sturzes auf der vierten Etappe. Der Spanier David de la Cruz musste 142 Kilometer vor dem Ziel wegen eines Sturzes als neunter Fahrer aufgeben.

Etwas mehr als 2150 der 3405 Kilometer zwischen dem Start in Bilbao und Paris sind bewältigt. Am französischen Nationalfeiertag hoffen die Kletterspezialisten auf ein Bergfest am Grand Colombier. Nach einem flachen Start der 13. Etappe am Freitag nahe Lyon müssen die Fahrer den Zielberg im Jura-Gebirge auf knapp 1500 Höhenmetern bezwingen.

Von Felix Schröder und Tom Bachmann, dpa