Gespräch im Hause Müller: Kandidaten für EM 2024 gesucht

Nach der frühzeitigen Rückkehr des Hausherren aus Katar stehen bei den Müllers wichtige Gespräche an. Thomas Müller wird seine Frau Lisa bitten, genau zuzuhören und ihre Meinung zu sagen. Es geht schließlich um eine Angelegenheit von großer Fußball-Bedeutung.

Im Bann der Emotionen hatte Müller nach dem nutzlosen 4:2 gegen Costa Rica eine Art Abschiedsrede an die Fans gehalten. «Ich habe es mit Liebe getan. Da könnt ihr euch sicher sein. Und alles Weitere muss ich erst mal sehen», sagte Müller nach dem WM-K.o. im Stadion von Al-Chaur am Donnerstagabend.  

Es klang unmittelbar nach dem Spiel schon sehr nach Rücktritt. Nach dem Duschen in der Kabine relativierte der 33-Jährige nach seinem 19. WM-Spiel seine Aussage und kündigte die Unterredung mit seiner Frau an – und ein Gespräch mit Bundestrainer Hansi Flick. Müllers Rückzug aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft wäre keine Überraschung mehr, nach dem erneuten Scheitern in der WM-Gruppenphase in Katar und 121 Länderspielen. 

Teamsenior Manuel Neuer hingegen würde schon gerne weitermachen im Nationaltrikot, wenn er denn «eingeladen wird und die Leistung stimmt», wie er anmerkte. Der zum WM-Rekordtorwart aufgestiegene Bayern-Profi wäre bei der Heim-EM im Sommer 2024 dann 38 Jahre alt. Ob Neuer nach mehr als 13 Jahren und 117 Länderspielen weitermacht, hängt sicherlich auch davon ab, ob Flick nach dem angekündigten Krisenmeeting mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf weitermachen darf. Ein neuer Bundestrainer könnte auf einen konsequenteren Neuanfang setzen. 

An Personalbaustellen mangelt es für den Bundestrainer, ob er Flick heißt oder Mr. X, jedenfalls nicht, wenn die ersten Testspiele Richtung Heimturnier im März anstehen. Das verdeutlicht eine Übersicht über einzelne Mannschaftsteile und Personalien.

Torhüter

Ein Ende der DFB-Karriere von Neuer (36) wäre eine Zäsur. Aber die Nachfolger stehen bereit. Marc-André ter Stegen (30) und Kevin Trapp (32) haben internationales Format. Ter Stegen könnte aus der ewigen Kronprinzenrolle schlüpfen. Bei der Heim-EM wäre er 32 – nur ein Jahr älter als Oliver Kahn bei seinem Turnierdebüt 2000.

Das Problem: Durch Neuers lange Vormachtstellung gibt es keinen Schlussmann unter 30, der schon ein Länderspiel bestritten hätte. Alexander Nübel (26) wartet in Monaco auf seine Chance.

Außenverteidiger

Die Problemzone. Auf rechts setzte Flick in Katar in drei Spielen vier verschiedene Spieler ein. Keine Lösung war perfekt. Links spielte David Raum (24) fast 270 Minuten durch – auch aus Mangel an Alternativen. Auf höchsten Niveau ist Deutschland auf beiden Seiten kaum konkurrenzfähig. Das sprach auch Flick in seinem Abschluss-Statement in Katar an. 

Innenverteidiger

Antonio Rüdiger (29) und Niklas Süle (27) waren von ihrer Bestform zu weit entfernt. Sie werden aber erste Wahl bleiben. Der zuverlässige Freiburger Matthias Ginter hat bei seiner dritten WM zwar erstmals ein paar Minuten gespielt, aber mehr auch nicht. Nico Schlotterbeck (23) braucht noch Lehrjahre in Dortmund.

In Armel Bella Kotchap (20) war ein vielversprechendes Talent als WM-Lehrling dabei. Die Rufe nach Mats Hummels (32) dürften trotz des Scheiterns nun wohl Fußball-Historie sein. 

Mittelfeld defensiv

Flick konnte sich zwischen Joshua Kimmich (27), Leon Goretzka (27) und Ilkay Gündogan (32) nicht auf zwei Kandidaten festlegen. Ein WM-Konflikt, der sich nachträglich lösen könnte, sollte Gündogan seine DFB-Karriere ungekrönt beenden. Kimmich und Goretzka müssen als Anführer des glücklosen Jahrgangs 95/96 jetzt noch mehr Verantwortung übernehmen. Viele Turnierchancen hat das Bayern-Duo nicht mehr. 

Mittelfeld offensiv

Das Eldorado. Angebot en masse – und in Jamal Musiala (19) ein Dribbelkönig mit Weltstarpotenzial. Zudem kommt in Leverkusens Florian Wirtz (19) ein ähnlicher Spielertyp nach einer schweren Knieverletzung zurück. Leroy Sané (26) und Serge Gnabry (27) gehören zur geforderten Jahrgangsstufe von Kimmich und Goretzka. Der pfeilschnelle Karim Adeyemi (20) durfte in Katar ein bisschen zuschauen. 

MIttelstürmer

Es gibt sie noch, die Nummer 9. Der Name lautet Niclas Füllkrug (29). Der Bremer hat Chancen auf eine Fortsetzung seiner DFB-Karriere als Spätberufener. Und Timo Werner (26) wird nach seiner Knöchelblessur auch wieder zurückkommen. Flick sprach nach dem WM-Aus von fehlenden Stoßstürmern in Deutschland. Youssoufa Moukoko (18) ist eine Verheißung. 

Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa