Gewalt gegen Frauen: Die gefallenen Stars Robinho und Alves

Sie waren gefeierte Fußball-Stars, jetzt stehen die Namen Robinho und Dani Alves für Gewalt gegen Frauen. Ihre Fälle haben in dem größten Land Südamerikas, in dem im Durchschnitt alle acht Minuten eine Frau vergewaltigt wird, eine gesellschaftliche Debatte ausgelöst.

Mit 9:2-Stimmen verhängte Brasiliens Oberster Gerichtshof (STJ) eine Haftstrafe gegen den ehemaligen Nationalspieler Robinho, die er seit einem Monat verbüßt – verurteilt wegen Vergewaltigung. Fast zeitgleich und knappe 8000 Kilometer östlich von São Paulo wird in Barcelona seinem früheren brasilianischen Auswahlkollegen Dani Alves, wegen sexueller Aggression verurteilt, vorläufige Haftentlassung gewährt. Beide bestreiten die Vorwürfe.

«Ich bin unschuldig in Bezug auf alle Anschuldigungen in Italien. In Brasilien wurden meine verfassungsmäßigen Rechte verletzt, und ich werde weiter für Gerechtigkeit kämpfen», teilte Robinho kürzlich über Instagram aus dem Gefängnis mit. In einem Video Mitte März sagte er, er sei sich absolut sicher, dass das Urteil im Verfahren gegen einen Weißen ganz anders ausgefallen wäre. 100 Mal vertrat der einstige dribbelstarke Ballkünstler die fußballverrückte Nation in der Auswahlmannschaft, spielte in Europa unter anderem für Real Madrid, Manchester City und AC Mailand.

2017 war Robinho wegen seiner Beteiligung an einer Gruppenvergewaltigung einer albanischen Frau in einer Diskothek in Mailand in Italien zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Als das Urteil 2022 rechtskräftig wurde, war er schon in seine Heimat zurückgekehrt. Brasilien liefert seine Staatsbürger grundsätzlich nicht an andere Länder aus. Nach einem Urteil zur Vollstreckung seiner Freiheitsstrafe in Brasilien wurde er am 21. März in der Hafenstadt Santos verhaftet.

Seine Anwälte legten dagegen Beschwerde bei dem für Verfassungsfragen zuständigen Obersten Bundesgerichtshof (STF) ein und beantragten gar seine Freilassung, bisher erfolglos.

«Schlag ins Gesicht für alle Frauen»

Auf der anderen Seite des Atlantiks ist das den Anwälten von Dani Alves gelungen. Er darf seinen Berufungsprozess, den seine Verteidiger nach dem Urteil im Februar eingeleitet haben, in Freiheit abwarten.

Der 126-malige Nationalspieler der Seleção, der in Europa unter anderem für den FC Barcelona, Paris Saint-Germain und Juventus Turin spielte, wurde zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt, saß aber zuvor seit einem guten Jahr in Untersuchungshaft. Eine junge Frau hatte ihn beschuldigt, sie in der Nacht zum 31. Dezember 2022 in einer Toilette eines Nachtclubs in Barcelona zum Sex gezwungen zu haben. Im Prozess hatte Alves die Vorwürfe zurückgewiesen. Die sexuellen Handlungen seien mit Einwilligung der Frau erfolgt.

«Der Fall Dani Alves ist ein Schlag ins Gesicht für alle Frauen. Wir reden hier nicht von einem Prozess, sondern von einer Verurteilung», sagte Leila Pereira, Präsidentin des Meisters Palmeiras São Paulo dem Fernsehsender TV Globo. Die Bedingung für seine vorzeitige Entlassung war eine Kaution von einer Million Euro. Zudem muss sich Alves einmal wöchentlich bei Gericht melden und darf sich seinem Opfer nicht nähern.

Pereira ist die einzige Frau in dieser Position in den ersten drei brasilianischen Fußball-Ligen und kämpft schon länger gegen den Machismus. Anfang des Jahres hielt sie gar eine Pressekonferenz, an der nur Journalistinnen teilnahmen. Beim Fußball gebe es Vorurteile, Chancenlosigkeit und Diskriminierung von Frauen, sagt sie. Eine Umfrage von «O Globo» unter 209 Spielerinnen in der brasilianischen Liga ergab, dass etwa die Hälfte von ihnen bereits in irgendeiner Form moralisch oder sexuell belästigt wurden.

Vereine und Verband verurteilen Taten

Der brasilianische Erstligaverein EC Bahia, wo Alves einst spielte, veröffentlichte inmitten der Geschehnisse um seine vorläufige Entlassung ein Video, das auf die Vergewaltigungskultur aufmerksam macht. «Wenn du machohafte Einstellungen hast, schürst du eine Kultur – eine Vergewaltigungskultur», heißt es am Ende des Videos.

Auch der brasilianische Fußballverband CBF bezeichnete die Urteile gegen die beiden früheren Nationalspieler als «Schlusspunkt eines der unheilvollsten Kapitel des brasilianischen Fußballs». Robinho und Alves spielten von 2006 bis 2017 gemeinsam für die Seleção, mit der sie die Copa América und den Confederations Cup gewannen.

«Es ist eine Schande, dass ein Sportler sich nichts dabei denkt, solche Art von Perversitäten zu begehen, indem er glaubt, dass ihn seine sportlichen Verdienste in gewisser Weise gegen jede Art von Strafverfolgung abschirmen», hieß es vom Fußballverband.

«Vergewaltigung ein unverzeihliches Verbrechen»

Auch einige Spieler der Nationalmannschaft äußerten sich, darunter Danilo Luiz da Silva. Ihre Aufgabe sei es, Fußball zu spielen, aber sie müssten auch «ein Beispiel für das Verhalten und den Umgang mit Dingen außerhalb des Platzes für junge Menschen» sein, sagte er.

Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva forderte schon vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Falle Robinhos dessen Bestrafung. «Vergewaltigung ist ein unverzeihliches Verbrechen», sagte Lula damals.

Robinho, der als einer der bekanntesten brasilianischen Stürmer der 2000er-Jahre und als Vorbild für viele Kinder in seiner Heimat galt, steht einem Bericht zufolge nun auf der Warteliste für einen im Gefängnis angebotenen Arbeitsplatz. Dies könnte dazu beitragen, seine Haftstrafe zu verringern – während zeitgleich seine Anwälte versuchen, ihn herauszuholen.

Von Philipp Znidar, dpa