«Gladiatoren-Kampf»: Zverev verpasst French-Open-Titel

«Gladiatoren-Kampf»: Zverev verpasst French-Open-Titel

Trotz seiner Riesenenttäuschung applaudierte Alexander Zverev fair, als Carlos Alcaraz aus den Händen der Tennis-Ikone Björn Borg den Coupe des Mousquetaires entgegennahm und stolz in die Höhe reckte.

Mit traurigen Augen verfolgte Zverev die feierliche Zeremonie auf dem Court Philippe Chatrier. Der deutsche Tennisstar hat die Krönung seiner beeindruckenden Titelmission in Paris verpasst und muss weiter auf den ersehnten ersten Grand-Slam-Titel seiner Karriere warten. 

Der 27-Jährige verlor das nur selten hochklassige Fünf-Satz-Finale der French Open gegen den Spanier Carlos Alcaraz mit 3:6, 6:2, 7:5, 1:6, 2:6. Zum zweiten Mal scheiterte er kurz vor der Erfüllung seines großen Traums. Zverev lobte hinterher den Sieger als «unglaublichen Spieler», er bedankte sich bei seinem Team und fügte an: «Hoffentlich werden wir eines Tages diese Trophäe in unseren Händen halten.»

Alcaraz richtete in seiner Rede zuerst das Wort an Zverev: «Ich bin mir sehr sicher, dass die Zukunft dir die Chance geben wird, Grand Slams und dieses Turnier zu gewinnen.»

«Was für ein Gladiatoren-Kampf von zwei fantastischen Spieler, das hatte wieder alles, was das Tennisherz höher schlagen lässt», sagte Tennis-Ikone Boris Becker bei Eurosport: «Riesenrespekt für Sascha Zverev, was für ein Turnier in Paris.»

Dreieinhalb Jahre nach seinem denkbar knapp verlorenen US-Open-Endspiel musste sich Zverev trotz einer 2:1-Satzführung erneut nach fünf Sätzen geschlagen geben. Eine insgesamt starke Turnierleistung reichte nicht, um als erster männlicher Tennisprofi aus Deutschland im Stade Roland Garros zu triumphieren. Nach 4:19 Stunden verwandelte Alcaraz seinen ersten Matchball zu seinem dritten Grand-Slam-Turniersieg, der in die Geschichtsbücher eingeht.

Der 21-Jährige ist der jüngste Tennisprofi, der auf allen drei Belägen Sand, Rasen und Hartplatz einen Grand-Slam-Titel gewinnen konnte. Zuvor hatte er auch bei den US Open 2022 und in Wimbledon 2023 die Trophäe geholt. Seit der Jahrtausendwende war einzig sein Landsmann Rafael Nadal bei dessen Premieren-Triumph in Paris jünger als Alcaraz.

Zverev setzt Rat von Becker zunächst nicht um

«Wenn nicht jetzt, wann dann?», hatte Zverev nach seinem Finaleinzug gegen den Norweger Casper Ruud gesagt. Von Tennis-Ikone Becker bekam er in einem persönlichen Gespräch in Paris geraten: «Entscheidend ist, dass man mutig ist, dass man dem Gegner und aller Welt zeigt: Ich komme hierher, um zu gewinnen – und nicht nur um mitzuspielen.»

Doch in den Showdown startete der Deutsche schwach und mit zwei Doppelfehlern. Ein schneller Schlägerwechsel half auch nicht, im ersten Satz diktierte eindeutig Alcaraz mit seinem variablen Spiel sowie den präzisen und druckvollen Grundschlägen das Geschehen. Der Spanier, der vor Turnierstart wegen einer Ellenbogenverletzung wochenlang ausgefallen war, wirkte fit und titelhungrig. 

Momentum wechselt ständig

Doch wie schon so oft im Turnierverlauf steigerte sich Zverev nach einem schwachen ersten Satz. Die Quote seines ersten Aufschlags ging deutlich nach oben, in den langen Rallys blieb er verstärkt der Sieger. Alcaraz hingegen leistete sich dagegen mehr Fehler. 

Ab dem dritten Satz wechselte das Momentum ständig hin und her. Als Alcaraz zum Satzgewinn servierte, zeigte Zverev einmal mehr seine Nervenstärke und holte sich mit einer herausragenden Cross-Rückhand das Re-Break und wenig später den Satz. Alcaraz, der wegen Oberschenkelproblemen im vierten Satz eine medizinische Auszeit nehmen musste, schlug jedoch zurück. Im fünften Satz machte Zverev wieder mehr leichte Fehler.

Erstmals seit 2005 standen sich zwei Final-Neulinge von Paris gegenüber – doch Zverev und Alcaraz kennen sich aus zahlreichen Duellen gut. Entsprechend war das Match auch taktisch geprägt, aber nur selten hochklassig. Der spürbare Wind auf dem Court Philippe Chatrier schien beiden Spielern zudem zu schaffen zu machen. 

Swiatek die «Königin von Paris»

Im Damen-Finale am Samstag hatte sich die 23-jährige Iga Swiatek durch den eindrucksvollen 6:2, 6:1-Sieg gegen die chancenlose Außenseiterin Jasmine Paolini aus Italien zur jüngsten Vierfach-Siegerin beim Grand-Slam-Turnier auf Sand gekürt. «Es gibt nur eine Königin von Paris!», schrieb die polnische Zeitung «Fakt». Vergleiche mit Sandplatz-König Rafael Nadal hält Swiatek aber für etwas übertrieben: «Für mich steht er über allen, er ist eine totale Legende.» 

Paolini konnte sich am Sonntag auch nicht mit dem Titel im Doppel trösten. An der Seite ihrer Landsfrau Sara Errani verlor die Italienerin das Finale gegen US-Star Coco Gauff und Katerina Siniakova aus Tschechien mit 6:7 (5:7), 3:6. 

Jörg Soldwisch, dpa