Elfmeter verschossen, Pfosten getroffen, Comeback genossen: Auch ohne Torerfolg war Karim Benzema beim 3:0-Sieg von Fußball-Weltmeister Frankreich im EM-Test gegen Wales der glücklichste Pechvogel auf dem Platz.
«Ich war mächtig stolz, ich wollte spielen und mich zeigen – und genau das habe ich heute Abend gemacht. Ich habe mich sehr gut gefühlt hier draußen», sagte der 33 Jahre alte Top-Torjäger von Real Madrid nach seiner kaum noch für möglich gehaltenen Rückkehr in die Équipe Tricolore.
Nationaltrainer Didier Deschamps hatte Benzema Mitte Mai überraschend für die Europameisterschaft nominiert; nach mehr als fünfeinhalb Jahren feierte der Angreifer am Mittwochabend in der Allianz Riviera von Nizza sein Comeback – 300 Kilometer Luftlinie sind es bis zu seiner Geburtsstadt Lyon.
Lob vom Nationaltrainer
«Er war sehr präsent und hat viele gute Sachen gezeigt», lobte Deschamps. «Es lief unglücklich für ihn, der Elfmeter war gut geschossen. Ich hätte mich für ihn gefreut, wenn er getroffen hätte, aber wenn er sich das für später aufhebt …», sagte der ehemalige Nationalspieler. Benzema habe sich gut ins Kollektiv eingefügt.
Mit «später» hat Deschamps sicher die EM gemeint – Frankreich muss zum Auftakt am 15. Juni in München gegen Deutschland antreten. Dann darf es gern auch mit Benzemas 28. Länderspieltor klappen, gegen Wales scheiterte er mit einem Handelfmeter am glänzend parierenden walisischen Keeper Danny Ward (27. Minute); in der Schlussphase traf der Rückkehrer noch den Pfosten.
Wegen der Verwicklung in den Fall um eine Erpressung von Mathieu Valbuena war Benzema Ende 2015 zunächst suspendiert und schließlich nicht mehr berücksichtigt worden. Doch nun absolvierte der viermalige Champions-League-Sieger sein 82. Länderspiel – weitere dürften folgen. «Es war eine schwierige Saison mit vielen Spielen, aber ich habe mich die ganze Partie über gut gefühlt», sagte der Rückkehrer.
Frankreich mit Bayern-Profis in der Startelf
Die Treffer für Les Bleus erzielten Kylian Mbappé von Paris Saint-Germain (35. Minute) sowie die Barcelona-Profis Antoine Griezmann (48.) und Ousmane Dembélé (79.), der in der Saison 2016/17 für Borussia Dortmund stürmte. Deschamps beorderte auch die Bayern-Profis Benjamin Pavard und Corentin Tolisso in die Startelf; Kingsley Coman wurde Mitte der zweiten Halbzeit eingewechselt. Fünf Bundesliga-Profis stehen im EM-Aufgebot der Franzosen.
Deschamps hatte sich für ein 4-4-2-System entschieden, mit Griezmann hinter den Spitzen Benzema and Mbappé. «Ja, wir haben ein paar Dinge probiert, besonders gegen einen tief stehenden Gegner wie Wales mit fünf Verteidigern», schilderte Benzema. «Es war ein bisschen schwierig, aber wir haben ja noch Zeit, um Dinge zu verbessern.» Schon jetzt sah das Fachblatt «L’Équipe» eine «lupenreine Leistung».
Der zweimalige Weltmeister (1998 und 2018) trifft in der EM-Gruppe F in Budapest noch auf Ungarn (19. Juni) und Titelverteidiger Portugal (23. Juni). Für Deschamps, seit neun Jahren Cheftrainer, könnte das paneuropäische Turnier ein weiterer Meilenstein auf dem Erfolgsweg werden. Nach der knappen Viertelfinal-Niederlage bei der WM 2014 gegen den späteren Weltmeister Deutschland führte er Frankreich bei der Heim-EM 2016 ins Finale und holte vor drei Jahren in Russland den WM-Titel. Sein Vertrag läuft bis zur WM Ende 2022 in Katar.