Im Rausch seines Debütsiegs in der Formel 1 waren für Lando Norris selbst die Glückwünsche von Überraschungsgast Donald Trump nur eine Randnotiz. Zwar bedankte sich der McLaren-Pilot nach seinem Coup von Miami artig beim früheren US-Präsidenten, der die PS-Bühne wohl eher zu Wahlkampfzwecken nutzte.
Doch viel mehr genoss der 24-Jährige inmitten der ausgelassenen Partyszenen das Gefühl, es mit seinem Triumph im 110. Grand Prix endlich den Zweiflern gezeigt zu haben. «Ich wusste, dass meine Zeit kommen wird», sagte Norris mehr als nur einmal.
Anders als bei mehreren verpassten Gelegenheiten in der Vergangenheit war dem Briten in Florida das Rennglück hold. Lange hatte es am Sonntag wieder nach einem dieser zur ermüdenden Gewohnheit gewordenen Siege von Max Verstappen ausgesehen. Doch eine Safety-Car-Phase zur Rennmitte spülte Norris an die Spitze, und der McLaren-Jungstar war danach selbst vom Weltmeister im diesmal lahmenden Red Bull nicht mehr aufzuhalten. «Ich bin sehr glücklich, dass mich Lando heute geschlagen hat, er hat sich das wirklich verdient», sagte der zweitplatzierte Verstappen.
Norris lobt McLaren-Team für «irren Job»
Nach getaner Arbeit stieß Norris einen spitzen Freudenschrei aus und ließ sich von seinen Mechanikern kurz auf Händen tragen. «Es wurde langsam mal Zeit», bekannte er. In das sechste Grand-Prix-Wochenende des Jahres war Norris als der Fahrer mit den meisten Podestplatzierungen gegangen, der nie einen Formel-1-Sieg geschafft hatte. «Viele Leute haben daran gezweifelt, dass ich Rennen gewinnen und unter dem Druck, ein Rennen anzuführen, Leistung bringen kann. Vor allem mit Max hinter mir. Aber dieses Jahr war ich zuversichtlicher denn je», sagte Norris.
Der Sohn eines schwerreichen Börsenmaklers war zur Saison 2019 von McLaren zum Stammpiloten befördert worden. Sein enormes Talent hatte er früh bewiesen, schon lange gilt er als potenzieller Weltmeister der Zukunft. Doch wie in Russland 2021, als er von der Pole Position lange das Rennen anführte, ehe er sich bei der Reifenwahl im Regen verzockte, ließ Norris einige Chancen für Sieg Nummer eins ungenutzt.
Noch im Vorjahr steckte McLaren dann tief in der Krise, beide Autos schafften es in Miami nicht mal in die zweite Qualifikationsrunde. «Dass wir jetzt an der Spitze sind, ein Rennen gewonnen haben, zeigt den irren Job, den das Team gemacht hat», schwärmte Norris.
Formel 1 hofft auf Trendumkehr im WM-Rennen
Die Wende für den Traditionsrennstall kam vor allem mit dem neuen Teamchef Andrea Stella, der zum Beginn der Vorsaison befördert worden war und McLaren im Eiltempo schon zur zweiten Jahreshälfte 2023 zurück in den Kreis der stärksten Red-Bull-Jäger geführt hatte. «Wir haben das Momentum behalten. Heute ist ein weiterer wichtiger Schritt und hoffentlich der Start für größere Erfolge», sagte der 53-Jährige.
Wohl wirklich niemand im Fahrerlager im Hard-Rock-Stadium missgönnte McLaren und vor allem Norris diese Sternstunde. Selbst Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur mischte sich ins Jubelbild und versprühte übermütig Champagner. «Das war auch insgesamt für die Formel 1 gut, dass drei Teams vorn um den Sieg kämpfen können. Das ist gut für die Show, gut für die Fans», sagte der Franzose, dessen Hoffnungsträger Charles Leclerc Dritter geworden war.
Nach vier Verstappen-Siegen in den ersten fünf Rennen der Saison nährte das Geschehen von Miami die Hoffnung, dass diese WM doch etwas spannender werden könnte als die beiden eintönigen Vorjahre. «Ich bin jetzt schon hungrig nach mehr», versicherte Norris.
Partybefehl vom McLaren-Boss für Norris
Verstappen indes zeigte sich noch gelassen. Nach einem Fahrfehler hatte er einen Poller abgeräumt und sich dabei wohl den Unterboden massiv beschädigt, sodass er nicht mehr mit Norris mithalten konnte. «Das hat auch mit der Strecke zu tun», erklärte der Niederländer seine Schwächen in Florida. Dank seines Sieges im Sprint am Samstag nahm der 26-Jährige trotzdem die meisten WM-Punkte aller Fahrer mit und baute seinen Vorsprung in der Gesamtwertung sogar noch aus.
Solche Rechenspiele aber interessierten den entfesselten Norris nicht. Team-Geschäftsführer Zak Brown buchte den Premierensieger kurzerhand auf einen Rückflug erst am Montag um und erteilte einen Partybefehl. «Ich werde nicht schlafen und werde alles geben», versprach Norris.