Antoine Griezmann steht bei dieser WM längst nicht mehr so oft im Fokus wie früher, und doch ist seine Wandlung offensichtlich.
Die Zuschauer erleben in Katar nicht nur einen sehr viel defensiveren und strategischer denkenden Griezmann. Auch neben dem Fußball-Platz hat sich der französische Nationalspieler verändert, wie er vor dem Finale gegen Argentinien am Sonntag (16.00 Uhr MEZ/ARD und MagentaTV) selbst sagte: «Ich bin fokussierter, versuche mich gut zu erholen und mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben.»
Der Mittelfeldspieler von Atlético Madrid spielt sein sechstes großes Turnier. Und obwohl er bei seinen sechs Einsätzen in Katar noch kein einziges Tor erzielt hat, ist er so wertvoll wie nie für die Équipe Tricolore. Kylian Mbappé ist der Superstar, Olivier Giroud macht die Tore, und Ousmane Dembélé glänzt mit Dribblings – doch für Experten ist Griezmann der eigentliche Schlüsselspieler. «Er spielt ein wunderbares Turnier», schwärmte Nationaltrainer Didier Deschamps. «Er ist der Typ Spieler, der ein Team verändern kann, weil er hart arbeitet und technisch gut ist.»
Dass der 31-Jährige in neuer, defensiverer Rolle glänzt, ist der Verdienst von Deschamps. Der 54-Jährige beorderte Griezmann ins zentrale Mittelfeld, wo er nun als Achter das Spiel lenkt und steuert. Er initiiert die Angriffe, arbeitet nach hinten und bestimmt das Tempo. «Seine Rolle hat sich etwas verändert, aber er hat immer noch die gleichen Qualitäten», sagte Verteidiger Raphael Varane. «Er kann das Spiel schnell machen oder es beruhigen.» Der frühere französische Nationalspieler Mikael Silvestre urteilte: «Allein dass er mit seiner Vita diese Transformation vom Stürmer zum Achter so mitmacht, ist schon ein Zeichen.»
Griezmann überzeugt in neuer Rolle
Während Griezmann bei der EM 2016 mit sechs Treffern Torschützenkönig wurde und beim WM-Triumph 2018 vier Treffer beisteuerte, überzeugt er nun in anderen Kategorien. Er hat bei dieser WM die meisten Chancen kreiert, häufig spielt er den vorletzten Pass zu Toren. Vor dem Halbfinale wurde er für seine 28. Torvorlage im Trikot der Équipe Tricolore ausgezeichnet, damit hat er nun die meisten. «Er kreiert wundervolle Chancen, er denkt immer an das Wohl des Teams», lobte Deschamps. «Er arbeitet sehr hart und ist mental sehr stark.» Verteidiger Jules Koundé lobte ihn als «Schlüsselspieler».
Dass Griezmann bei diesem Turnier so stark spielt, dürfte auch mit seiner inzwischen geklärten Situation im Verein zusammenhängen. Rund um die WM 2018 gab es Gerüchte, er könne Atlético Madrid nach vier Jahren verlassen und zum FC Barcelona wechseln – auch weil der heutige Final-Gegner Lionel Messi um ihn geworben hatte. Griezmann entschied sich, bei Atlético zu bleiben, nur um ein Jahr später doch nach Barcelona zu wechseln. Dort wurde er aber nicht glücklich, hatte Ärger mit dem Trainer und war oft nur Reservist. 2021 kehrte Griezmann dann – zunächst auf Leihbasis – zu Atlético Madrid zurück.
Die überwiegend unglückliche Zeit an der Seite Messis in Barcelona gibt dem Endspiel aus Sicht von Griezmann besondere Brisanz. Wie auch die Tatsache, dass der 31-Jährige bei Atlético jahrelang mit dem argentinischen Coach Diego Simeone zusammenarbeitete. Zudem hat Griezmann eine Vorliebe für argentinischen Mate-Tee und die südamerikanische Lebensweise. Angesprochen auf das bevorstehende Duell mit seinem ehemaligen Teamkollegen grinste Griezmann. «Jedes Team mit Messi hat komplett andere Voraussetzungen», sagte er, und versprach: «Wir werden gut vorbereitet sein.»