Emma Hinze war einfach nur frustriert. Nachdem der Gold-Traum jäh geplatzt war, haderte die dreifache Bahnrad-Weltmeisterin mit den Rivalinnen, der eigenen Leistung und dem fehlenden Losglück.
«Ich habe schon das Gefühl, dass die Konkurrentinnen gegen mich fahren und wollen, dass ich nicht nach vorne komme. Das ist Fluch und Segen der Weltmeisterin», sagte die große Medaillen-Hoffnung nach dem bitteren Aus im Keirin-Halbfinale bei den olympischen Bahnrad-Wettbewerben und schob ein wenig resigniert hinterher: «Ich bin auch nur ein Mensch.»
Die große Favoritin erlebte bei den Olympischen Spielen die erste große Enttäuschung. Nach einem Keirin-Wettbewerb zum Vergessen schied die 23-Jährige auf der Highspeed-Bahn als Letzte in ihrem Halbfinal-Lauf aus. Am Ende reichte es in dem Kampfsprint nur zu Platz sieben. Damit verfehlte sie klar ihre zweite Medaille, nachdem sie im Teamsprint noch Silber mit Lea Sophie Friedrich geholt hatte.
Auch Lospech
Irgendwie sei es nicht so gelaufen. «Ich konnte mein Rennen nicht so fahren, wie ich wollte. Es war vier Mal so. Ich habe mich überraschen lassen, auch im Halbfinale», erklärte Hinze und führte auch Lospech an. Immer wieder hatte sie auf der schlechtesten Position beginnen müssen. «Es ist keine Ausrede, aber das Glück war nicht auf meiner Seite. Ich habe jedes Mal die Sechs gezogen. Ich musste immer gleich vor», sagte Hinze. So griff sie im Halbfinale gar nicht mehr in den Sprint ein und trudelte mit leerem Blick ins Ziel.
«Man muss hellwach sein. Emma will verteidigen, macht aber den Sprint-Korridor frei. Das Einmaleins des Keirin ist, immer an der schwarzen Linie bleiben», analysierte die querschnittsgelähmte Rekord-Weltmeisterin Kristina Vogel als ZDF-Expertin den fehlerhaften Lauf der Cottbuserin. Hinze hielt dagegen, dass sie kaum zur schwarzen Linie gekommen sei. Vogel hatte 2016 in Rio den letzten Einzel-Olympiasieg einer deutschen Radsportlerin im Sprint geholt.
Das Aus von Hinze im Halbfinale war fast schon die logische Folge. In der ersten Runde am Vortag («Ich habe den Lauf verpennt») stand sie bereits vor dem Aus, zitterte sich erst über den Hoffnungslauf ins Viertelfinale. Dort reichte nach einem Sturz zweier Rivalinnen Platz vier zum Weiterkommen. Souverän war anders. Und im Halbfinal-Lauf übernahm sie die Führung, konnte diese aber nicht mehr halten.
Auch Friedrich raus
Für ihre noch zwei Jahre jüngere Teamkollegin Lea Sophie Friedrich lief es noch schlechter. Die 21-Jährige verabschiedete sich im Viertelfinale aus dem Wettbewerb. Damit muss das deutsche Bahnrad-Team weiter auf die dritte Medaille warten. Am Dienstag hatte der deutsche Frauen-Vierer mit Weltrekord Gold geholt.
Zeit zum Verschnaufen bleibt für Hinze kaum. Bereits am Freitag beginnt der Sprint-Wettbewerb, in dem sie und Friedrich eigentlich zu den Anwärterinnen auf eine Medaille zählen. «Dann werden die Karten neu gemischt», sagte die gebürtige Hildesheimerin. Bundestrainer Detlef Uibel hatte nach dem Teamsprint seine beiden Juwele noch gelobt. «Lea ist 21, Emma 23. Den Mädels gehört die Zukunft», sagt der Coach.
Levy Sprint-Fünfter
Bei den deutschen Männern ließ Routinier Maximilian Levy alte Klasse aufblitzen, mehr als das Sprint-Viertelfinale war für den 34-Jährigen aus Cottbus aber nicht drin. Dafür war der Brite Jack Carlin in zwei Läufen zu stark, letztlich wurde Levy Fünfter. Damit ist kein deutscher Fahrer mehr in der Königsdisziplin vertreten, nachdem Ex-Weltmeister Stefan Bötticher (Chemnitz) bereits eine Runde zuvor gescheitert war.
Roger Kluge belegte im Omnium den neunten Platz. Der viermalige Olympia-Teilnehmer kam am Donnerstag nach den vier Disziplinen Scratch, Temporennen, Ausscheidungsfahren und Punktefahren auf 91 Punkte. Den Olympiasieg holte sich der Brite Matthew Walls mit 153 Zählern vor dem Neuseeländer Campbell Stewart (129 Punkte) und dem Italiener Elia Viviani (124).