Bei Borussia Dortmund ist die magische Festspielstimmung von Europas großen Champions-League-Nächten zurück. Nach einem Spektakel gegen Atlético Madrid glich Dortmunds Fußball-Kathedrale einem Tollhaus. Minutenlang tanzten die BVB-Profis vor der bebenden Südtribüne, die den 4:2 (2:0)-Erfolg wie das gesamte Stadion herbeigesehnt hatte.
Nach dem erstmaligen Einzug ins Königsklassen-Halbfinale seit elf Jahren darf der BVB nun sogar von einem neuerlichen Showdown in Wembley träumen. «Das war ja eine Achterbahnfahrt, ein ganz toller Abend», sagte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke bei Amazon Prime Video. «Das ist ja für Borussia Dortmund nicht jeden Tag so. Das letzte Mal waren wir 2013 im Halbfinale. Das ist ein großer Tag für alle Borussen.»
Anders als in dieser Bundesliga-Saison schlug sich das Team von Trainer Edin Terzic im internationalen Rampenlicht prächtig und machte das 1:2 sechs Tage zuvor in der spanischen Hauptstadt wett. Vor 81.365 Zuschauern im tosenden Signal Iduna Park trafen Julian Brandt (34. Minute), Ian Maatsen (37.), Niclas Füllkrug (71.) und Marcel Sabitzer (74.) zum verdienten Sieg. Ein Eigentor von Mats Hummels (49.) und Angel Correa (64.) hatten in einer hochintensiven Partie für den zwischenzeitlichen Ausgleich gesorgt.
Ein «geiles Spiel für alle Menschen hier im Stadion»
«Solche Nächte sind speziell, gerade diese Champions-League-Saison ist speziell», sagte Brandt. «In diese ganzen glücklichen Gesichter hier im Stadion zu sehen, ist pure Genugtuung.» Grundsätzlich sei es ein «geiles Spiel für alle Menschen hier im Stadion» gewesen.
Bereits in zwei Wochen trifft der BVB im Halbfinale nun auf Paris Saint-Germain. Das Endspiel findet am 1. Juni im Londoner Wembley-Stadion statt, wo der BVB 2013 das deutsche Duell mit dem FC Bayern (1:2) verloren hatte.
BVB von Beginn an voll da
Dass er sich nun tatsächlich wieder auf Final-Kurs begeben könnte, zeigte der BVB von Beginn an. Mit einem langsamen Abtasten hielten sich beide Mannschaften nicht auf. Schon in der 3. Minute hätte der BVB in Führung gehen müssen – anstatt frei vor dem Atlético-Tor einfach abzuschließen, nahm Sabitzer den Ball jedoch an und wurde abgegrätscht. Im Gegenzug tauchte Álvaro Morata frei vor Gregor Kobel auf, chippte aber am Tor vorbei. Es ging also gleich furios los.
Anders als im Hinspiel waren die Dortmunder bis auf diese Szene direkt voll da. Immer wieder suchte die Borussia die Pässe auf den pfeilschnellen Karim Adeyemi, der früh (15./18.) zwei gute Gelegenheiten hatte. Atlético dagegen stand tief und ließ die Gastgeber kommen. Von den Spaniern selbst kam dagegen zunächst nicht viel.
Wenn die Gäste mal angriffen, dann meistens durchs Mittelfeldzentrum, wo der BVB Lücken ließ. Lücken ließ aber auch Atlético, was Hummels mit einem feinen Heber ausnutzte. Der Pass des Routiniers landete bei Brandt, der im Strafraum den Ex-Dortmunder Axel Witsel ausdribbelte und Torhüter Jan Oblak zur Führung tunnelte. Spätestens jetzt war der BVB noch besser im Spiel.
Die Borussia presste nun noch höher, Atlético dagegen wirkte wie paralysiert. Nach einem Einwurf kam der Ball über Sabitzer zu Maatsen, der aus spitzem Winkel flach ins lange Eck schoss. Der BVB spielte in diesen Minuten wie im Rausch, es war die bislang beste Saisonleistung.
Dortmund kommt nach Rückschlägen zurück
Aber Dortmund wäre nicht Dortmund, wenn nach starken Auftritten nicht plötzlich unerwartete Einbrüche folgen würden. Atléti wechselte zur Pause gleich dreimal – und kam plötzlich ins Spiel. Erst unterlief Hummels nach einer Ecke ein Eigentor, dann glich Correa nach einem unglücklichen Dortmunder Klärungsversuchen aus. Der BVB hätte jetzt einbrechen können, stattdessen kam er zurück.
In einer denkwürdigen Partie köpfte Füllkrug den Ball nach Sabitzer-Flanke ins Tor, kurz darauf schoss der starke Österreicher sogar das 4:2. Spätestens jetzt erinnerte die Stimmung im Signal Iduna Park an die großen Fußball-Nächte in der Königsklasse.
Der Triumph macht der Borussia Mut für den kniffligen Saisonendspurt mit den nun anstehenden schweren Spielen gegen den Deutschen Meister Bayer Leverkusen und beim punktgleichen Konkurrenten RB Leipzig. Ohne Siege steigt die Gefahr, in der nächsten Saison mit der Europa League vorliebnehmen zu müssen.