Nach der spontanen Party in der Fankurve hatten die Anhänger des FSV Mainz 05 noch immer nicht genug. Am Ausgang der modernen Arena warteten sie auf ihre Fußball-Helden, die zuvor in einer absoluten Notbesetzung Titelaspirant RB Leipzig mit 1:0 niedergerungen hatten.
«Eine Chance ist immer da, wir waren topfit über 102 Minuten. Riesenkompliment an alle und Bo Svensson. Hut ab, das war ein Spiegelbild des Vereins», sagte Sportdirektor Martin Schmidt nach dem Coup, der der um zehn Profis dezimierten Truppe gegen ein Champions-League-Team um Stars wie André Silva und Christopher Nkunku gelang.
Mainz mit Willen, Leidenschaft und Glück
Nach der 32-Punkte-Rückrunde unter Svensson, die hochgerechnet für einen Königsklassen-Platz reichen könnte, geht der wundersame Weg der Mainzer in der Bundesliga munter weiter. Abgänge, Verletzungen, Corona-Fälle? Das scheint die 05er alles nicht groß zu kratzen. «Dass es mit so einem Ergebnis ausgeht, ist sehr schön. Aber die Art und Weise ist der alles entscheidende Punkt», sagte der Däne Svensson, dessen Team nach insgesamt vier positiven Corona-Tests innerhalb weniger Tage eine turbulente Phase mitmacht.
Den Fußball-Kampf zwischen Rumpfelf und Millionentruppe entschied Mainz mit Willen, Leidenschaft, Kaltschnäuzigkeit und eine Portion Glück für sich – das Tor des Tages erzielte Abwehrchef Moussa Niakhaté, der sich nach dem Treffer (13. Minute) vor der Fankurve aufbaute und mehrere Male mit der Faust auf die Brust klopfte. «Es war außergewöhnlich. Wir haben lange darauf hingefiebert, vor Fans zu spielen, und ich durfte das Tor machen», sagte der französische Innenverteidiger.
Youngsters wie Paul Nebel (18) und Niklas Tauer (20) spielten angesichts der Personalflaute fast durch – und sie machten ihre Sache ordentlich. «Ich hatte elf Feldspieler zur Verfügung und die zwei Torhüter. Da haben wir Jungs aus unserer U23 geholt, die sich vorbildlich verhalten haben», beschrieb Svensson das Prozedere vor dem Liga-Auftakt gegen die Sachsen, die als Vize-Meister und Pokalfinalist ganz andere Ambitionen als die Mainzer haben.
Matchwinner Zentner: «Überragend»
«Es war einfach geil! Am Ende zählt, was jeder einzelne auf dem Platz gezeigt hat. Das war überragend», sagte Torhüter Robin Zentner, der mit seinen Paraden zum Matchwinner wurde und alle Chancen von Silva, Nkunku, Emil Forsberg und anderen zunichte machte. Die Kulisse mit 10 500 Fans sei «noch besser» gewesen, als er sich das vorgestellt habe.
Spannend zu sehen sein wird, ob die Deutsche Fußball Liga (DFL) bei vergleichbaren Fällen künftig anders handelt. Mainz musste das Spiel trotz seiner zahlreichen Ausfälle bestreiten, dies kritisierte Christian Heidel als Sportvorstand am Sonntag bei DAZN.
«Sicherlich ist es kein sportlich fairer Wettbewerb – Wettbewerbsverzerrung hört sich ja fast kriminell an, das würde ich so überhaupt nicht in den Mund nehmen. Aber ich glaube, das hat jetzt nichts mit fairem Sport zu tun», sagte Heidel. Wen die 05er für das Gastspiel bei Aufsteiger VfL Bochum bis zum Samstag (15.30 Uhr/Sky) aus der Quarantäne zurückkriegen könnten, war zunächst nicht absehbar.