Happy End wie in Hollywood: Rams gewinnen Super Bowl

Nach dem Zitter-Triumph und Schlussminuten im Stil eines Hollywood-Streifens weinten die Super-Bowl-Champions der Los Angeles Rams wie bei einem guten Happy End im Kino.

Beobachtet von zahlreichen Filmstars wie Jennifer Lopez, Ben Affleck und Matt Damon zeigten die Football-Profis nach dem 23:20 gegen die Cincinnati Bengals im Konfettiregen im teuersten Stadion der Welt große Emotionen. Auf der schillerndsten Bühne des US-Sports erlebte das Team um Quarterback Matthew Stafford am Sonntagabend (Ortszeit) viele Wendungen – ganz im Sinne eines Drehbuchautors aus der Unterhaltungsmetropole in Kalifornien. Am Ende gab der Sieg der Heimmannschaft das Startsignal zu einer Megaparty, wie sie die Stadt seit Jahren nicht gesehen hat.

Keine Minute nach seiner spielentscheidenden Abwehraktion schluchzte Aaron Donald ebenso hemmungslos wie Star-Receiver Odell Beckham Jr., dem die Tränen in Strömen über das Gesicht liefen. «Ich wollte das so sehr, ich habe davon geträumt», schwärmte Rams-Verteidiger Donald im ersten TV-Interview. «Das habe ich meiner Tochter versprochen, als sie traurig war: Dass sie im Konfetti spielen darf.» Solche Geschichten lieben sie in den USA nicht nur auf der großen Leinwand.

Bis 85 Sekunden vor Schluss hatten alle Fans der Rams noch einer drohenden Niederlage entgegen gesehen: Mit vier Punkten führten die Bengals und drohten, mit ihrem ersten Triumph im Super Bowl zum großen Partycrasher zu werden. Doch der wenig später zum wertvollsten Spieler der Partie gewählte Rams-Passempfänger Cooper Kupp erwischte einen Pass von Quarterback Matthew Stafford in der Endzone zu seinem zweiten Touchdown.

In den Szenen unmittelbar davor sorgten umstrittene Strafen für die Bengals für jenen Stoff, über den noch lange diskutiert werden dürfte. «Ich habe keine Worte. Ich bin so dankbar für jeden in meinem Leben», sagte Kupp. Wenig später folgte die erfolgreiche Attacke von Donald gegen Bengals-Quarterback Joe Burrow, die alle Hoffnungen der lautstarken Fans aus Ohio zerstörten.

Das mit 70.048 Zuschauern und vielen Promis gefüllte und mit geschätzt fünf Milliarden Dollar Baukosten teuerste Stadion der Welt erbebte nach einigen Momenten der ungewohnten Schockstarre durch den Jubel. Schon die Halbzeitshow mit Eminem, Dr. Dre, Snoop Dogg, Mary J. Blige, Kendrick Lamar und Überraschungsgast 50 Cent begeisterte die Zuschauer.

«Ich bin so stolz auf dieses Team. Es sind so viele großartige Spieler in dieser Mannschaft», sagte Quarterback Stafford, der insgesamt drei Touchdown-Pässe warf und dessen zwei abgefangene Bälle am Ende keine Rolle mehr spielten. «Das ist ein Sieg der Mannschaft. Die Abwehr hat großartig gespielt.» Auch seine Geschichte lieben die Leute: Seine Frau überstand eine Krebsdiagnose und ist nach dem Umzug von Detroit nach Los Angeles vor der Saison ausgesprochen beliebt. Nach zwölf Jahren ohne Playoff-Erfolg bei den Lions holte Stafford nun in seinem 13. Jahr in der Liga den ersten Super Bowl seiner Karriere. Für die Rams war es der zweite.

McVay jüngster Trainer der NFL-Geschichte

Beim ersten Erfolg vor 22 Jahren war die Mannschaft noch in St. Louis zu Hause. Nach der Rückkehr nach Los Angeles gab es vor drei Jahren eine bittere 3:13-Niederlage gegen die New England Patriots – nun sind die Rams wieder die beste Football-Mannschaft der Welt. Der riskante Plan von Besitzer Stan Kroenke, das Team passend zum Super Bowl im eigenen Stadion voll auf Erfolg zu trimmen und alles auf diese Karte zu setzen, ging auf. In einer wichtigen Nebenrolle wurde der 36 Jahre alte Sean McVay zudem zum jüngsten Trainer der NFL-Geschichte mit einem Super-Bowl-Sieg. In der Zeit vor dem Super Bowl holten die Rams schon zwei Meisterschaften, 1945 und 1951.

Vor dem großen Jubel mussten die Angelenos im Stadion und bei den Partys in der ganzen Stadt lange zittern, obwohl zunächst vieles im Sinne ihrer Mannschaft lief. Die Rams punkteten als erstes. Staffords Wurf auf Beckham Jr. brachte die Führung und ließ die Fans der Bengals erst mal ruhig werden. Vor dem Start der Partie waren sie den Anhängern der Rams akustisch klar überlegen.

Für den erst im Laufe der Saison verpflichteten Star-Passempfänger Beckham jr. war es schon der siebte Touchdown für seine Mannschaft – und es sollte auch der letzte in dieser Saison bleiben. Noch in der ersten Halbzeit verletzte er sich ohne gegnerischen Kontakt am Knie und konnte nicht weiterspielen.

Ein Touchdown durch Kupp brachte die Rams scheinbar komfortabel in Führung. Doch ein Field Goal und ein clever herausgespielter Touchdown der Bengals, bei dem nicht Quarterback Burrow sondern Running Back Joe Mixon den Ball in die Endzone warf, sorgten für den Halbzeitstand von nur 13:10.

Weil die Bengals sofort nach der Halbzeit durch den zweiten Touchdown von Tee Higgins in Führung gingen und danach einen Pass von Stafford ein zweites Mal abfingen, gerieten die Rams binnen 22 Sekunden gehörig unter Druck. Die Rams beschwerten sich zurecht, aber vergebens über ein Foul von Higgins.

Der erst 22 Jahre alte Kicker Evan McPherson traf dann auch noch sein zweites Field Goal für die Bengals. Es war das 14. für ihn in den Playoffs dieser Saison, so viel hatte zuvor nur Adam Vinatieri. Die Rams erzielten ihrerseits ein Field Goal – und lagen dann bis 85 Sekunden vor Schluss mit vier Punkten in Rückstand, ehe Kupp der wohl bislang wichtigste Fang seines Lebens gelang. Die große Party in LA konnte beginnen.

Von Maximilian Haupt, dpa