Basketball-Bundestrainer Gordon Herbert hat bemerkenswert offen über psychische Probleme in seiner Zeit als Chefcoach gesprochen.
In einem Interview des «Stern» sagte der 65 Jahre alte Kanadier: «Wer sich zu seinen Depressionen bekennt, bekommt dies als Schwäche ausgelegt. Ich kann heute freier über dunkle Zeiten in meinem Leben sprechen, als ich es vor dem Titelgewinn gekonnt hätte. Lange dachte ich, ich setze meine Karriere aufs Spiel, wenn ich sage: Ich kann nicht mehr, ich brauche Hilfe.» Herbert wurde im vergangenen Sommer überraschend Weltmeister mit dem DBB-Team.
«Mein Kopf war leer»
Die schweren Phasen erlebte der Trainer nach eigener Schilderung unter anderem im Herbst 2010, als er noch für die Skyliners aus Frankfurt arbeitete. Er habe in einem Trainingslager ein paar Worte an die Mannschaft richten wollen. «Aber plötzlich konnte ich nicht mehr sprechen. Mein Kopf war leer, ich war orientierungslos, komplett verloren in dieser Halle. Da war nur noch ein Gefühl in mir: Panik», erzählte Herbert, über den im Juni das Buch «Die Jungs gaben mir mein Leben zurück» erscheint.
Sein Assistenztrainer habe den Ernst der Lage sofort erkannt. «Ich bin in Begleitung zurück nach Frankfurt gereist. Dort kam ich in eine psychiatrische Klinik. Die Ärzte diagnostizierten eine akute Depression», schildert der Trainer.
Scham und falscher Stolz
Auch Alkohol spielte in den dunklen Phasen eine Rolle, wie Herbert eingestand. «Der Alkohol half mir, den Tag zu vergessen. Es war nie übermäßig viel, aber auch nicht gesund. Ich mochte mich als Mensch nicht mehr», sagte der Kanadier. Er sei «müde von seinem Leben» gewesen und tat sich schwer, offen mit der Diagnose umzugehen. «Was ich auch lernen musste während meiner depressiven Episoden, war zu sagen: Ich brauche Hilfe. Ein einfacher Satz, aber so schwer auszusprechen, aus Scham und falschem Stolz.»
Herbert pausierte zunächst und kam nach seiner Rückkehr wieder nach Frankfurt. «Immer stärker hatte ich das Gefühl, dass ich fertig bin mit dem Basketball. Das Coaching hatte mich viel Kraft gekostet. Ich wollte meine Karriere beenden», berichtete Herbert. Im Sommer 2021 übernahm er dann die Nationalmannschaft und führte Dennis Schröder und Co. in zwei Jahren zu EM-Bronze und WM-Gold. Bei Olympia in Paris ist das Team Mitfavorit.