Hertha wieder im Chaos: Trennung von Bobic nach Derby-Pleite

Hertha BSC versinkt schon wieder im Personalchaos. Fredi Bobic ist seinen Job als Sport-Geschäftsführer los – der starke Mann im Club muss gehen.

Die Entscheidung fiel, als viele der Fans des sportlich vorher schon schwer kriselnden Fußball-Bundesligisten noch auf dem Heimweg nach der 0:2-Pleite im Hauptstadt-Derby gegen den 1. FC Union waren. Medienberichten zufolge könnten nun der frühere Hertha-Profi Andreas «Zecke» Neuendorf und Benjamin Weber die sportliche Verantwortung übernehmen.

In drei Zeilen fasste der Verein die Trennung von Bobic zusammen. «Das Präsidium von Hertha BSC hat gemeinsam mit dem Aufsichtsrat des Hertha BSC e. V. einstimmig entschieden, seinen Geschäftsführer Sport, Fredi Bobic, mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben zu entbinden.»

Mehr Informationen zu der überraschenden Entscheidung gab es vorerst nicht. Am Abend berichteten «Bild» und Sport1 dann übereinstimmend, der langjährige Hertha-Profi Neuendorf und der ehemalige Akademieleiter Weber sollten bei der Hertha die sportliche Verantwortung übernehmen. In einer Pressekonferenz an diesem Sonntag um 13.00 Uhr will die Hertha Stellung nehmen. Eine Medienrunde mit Trainer Sandro Schwarz war für zwei Stunden früher am Vormittag geplant.

Trennung von Bobic eine Kurzschlusshandlung?

Inwiefern nun auch die Position des Coaches angesichts der bislang ungebremsten sportlichen Misere weiter geschwächt worden ist, ist offen. Die Trennung von Bobic wirkt trotz der fünften Niederlage nacheinander gegen den mittlerweile sportlich klar in Berlin dominierenden Rivalen aus dem Osten der Stadt wie eine Kurzschlusshandlung.

Eine Reaktion gab es zunächst weder von Bobic, der nach dem 0:2 im Olympiastadion noch TV-Interviews gegeben hatte, noch von Präsident Kay Bernstein. Dessen bis abends letzter Tweet war ein Foto gemeinsam mit Bobic und Profi Maximilian Mittelstädt zu dessen Vertragsverlängerung am 18. Januar. «Ein starkes Zeichen – WIR Herthaner gemeinsam für eine erfolgreiche blau-weiße Zukunft!»

Die sportliche Zukunft von Bobic ist nicht mehr blau-weiß. Dabei hatte der Europameister von 1996 zuletzt immer wieder betont, wie zufrieden er in Berlin ist. Auch, weil er beim Deutschen Fußball-Bund als Nachfolger von Direktor Oliver Bierhoff gehandelt worden war. Eine anspruchsvolle Aufgabe habe er ja bei der Hertha – und Spaß auch. «Ich denke nur an Hertha BSC, ich lebe im Hier und Jetzt. Die Jungs, das Trainerteam – die sind mir schon ans Herz gewachsen», hieß es von Bobic zu diesem Zeitpunkt. 

Bobic erst seit Saison 2021/22 bei der Hertha

Der 51-Jährige war im April 2021 zur Saison 2021/22 als Geschäftsführer beim Hauptstadtclub engagiert worden. In den Nachfolger des langjährigen Managers Michael Preetz wurden große Hoffnungen gesetzt, den Club aus dem Westend dorthin zu führen, wo er sich sieht: Nach oben. Bei Eintracht Frankfurt hatte Bobic das geschafft. In Berlin aber blieben die sportlichen Fortschritte aus. 

Im Abstiegskampf der vergangenen Saison hatte Bobic sogar Felix Magath aus dem Trainer-Ruhestand geholt. Es klappte, Hertha stieg nicht ab, weil die Berliner sich in der Relegation gegen Magaths Ex-Club Hamburger SV durchsetzten.

Coach Schwarz bekommt Rückendeckung seiner Profis

Besserung versprachen sie sich von Schwarz – vor allem Bobic. Die Hoffnungen wurden beim Blick auf die Tabelle nicht erfüllt. Die Hertha belegt nach dem schwachen Jahresauftakt mit Niederlagen beim VfL Bochum (1:3), gegen den VfL Wolfsburg (0:5) und gegen Union nur Tabellenplatz 17. 14 Punkte aus 18 Spielen – viel zu wenig. Und das in einer Phase, in der die Hertha in einem Anteilsverkaufsgeschäft steckt mit einer US-amerikanischen Private-Equity-Gesellschaft.

Das ebenfalls immer wieder für Misstöne und Spott sorgende Geschäfts-Verhältnis mit Geldgeber Lars Windhorst war mit viel Getöse zu Ende gegangen. Der neue Investor steht in den Startlöchern und dürfte ebenso wie auch die Mannschaft mit größter Aufmerksamkeit die Vorgänge beobachten.

Trainer Schwarz kann sich –  auch ohne Bobic – der Rückendeckung seiner Profis sicher sein. «Wir haben auch ein Riesenvertrauen in den Trainer», sagte Kapitän Marco Richter nach der Derby-Niederlage gegen Union. «Es ist kein Geheimnis, dass er top zu uns passt. Ihm fehlen die Punkte genauso wie uns.» Der «gemeinsame Weg» gehe «hoffentlich» weiter. Gemeinsam ist nun aber schon mal ohne Bobic.

Jens Marx und David Langenbein, dpa