Die Profis von RB Leipzig düsten nach der schlechtesten Hinrunde der Club-Geschichte umgehend in den Weihnachtsurlaub, ihrem Trainer Domenico Tedesco hinterließen sie einen Berg voll Arbeit.
Das völlig ernüchternde 0:2 gegen den in Unterzahl spielenden Aufsteiger Arminia Bielefeld hat nicht nur gezeigt, dass allein der Trainerwechsel von Jesse Marsch zu Tedesco noch nicht für nachhaltigen Aufschwung beim sächsischen Fußball-Bundesligisten reicht. Die Pleite offenbarte zudem Risse in der Mannschaft, die tiefer als bisher angenommen sind.
«Jeder muss sich in die Verantwortung nehmen und hinterfragen, ob er 100 Prozent gibt. In der Kabine ist es gerade auch emotional geworden», sagte Abwehrboss Willi Orban und ging seinen Nebenmann Nordi Mukiele direkt an. Der war bei seiner Auswechslung beim Stand von 0:1 beleidigt vom Platz getrödelt. Orban selbst hatte die Szene nicht wahrgenommen, meinte aber: «Das wäre alles andere als seriös und reif, sondern naives Verhalten und mannschaftsschädigend.»
«Viele gute Einzelspieler»
Auch Tedescos Analyse ließ viel Raum für Spekulationen über den Teamgeist beim abgestürzten Vizemeister. «Generell haben wir viele, viele gute Einzelspieler», sagte der 36-Jährige. Die genügten im dritten Spiel seiner Amtszeit jedoch nicht, stattdessen traf Bielefeld durch Janni Serra und Masaya Okugawa. Zwischendrin hatte Stürmer Fabian Klos noch die Rote Karte für ein Foul an Orban gesehen, sodass die Arminia die letzten 20 Minuten in Unterzahl spielte. «Hundertprozentig naiv» nannte Tedesco die Vorstellung seiner Mannschaft, die die guten Leistungen gegen Gladbach und in Augsburg vergessen ließ.
Die Leipziger Katastrophen-Hinrunde liest sich in Zahlen besonders furchtbar. Tabellenführer München hat mit 43 Punkten fast doppelt so viele Zähler wie RB mit 22. Selbst auf Dortmund sind es schon zwölf Punkte, was deren Boss Hans-Joachim Watzke schon vor dem Spiel süffisant kommentierte. «Vor einem halben oder dreiviertel Jahr haben alle geschrieben: Die Leipziger werden den Dortmundern den Rang als Nummer zwei im deutschen Fußball ablaufen. Davon habe ich im abgelaufenen Jahr nicht viel gemerkt», sagte Watzke bei BVB-TV.
Für Leipzig deutlich lebenswichtiger als die Rolle der Nummer zwei ist die erneute Qualifikation für die Champions League. Schließlich ist man bei den Gehaltskosten längst in der Spitzengruppe der Liga angekommen und Clubboss Oliver Mintzlaff fordert eine entsprechende Rendite. Platz vier ist noch nicht außer Reichweite, doch der Spielplan der Bundesliga hält in der Rückrunde ein paar Schmankerl parat. Die Spiele gegen Bayern, Dortmund und Leverkusen sind alle auswärts. Hinzu kommen unangenehme Aufgaben wie die Partien in Bochum und der Abschluss in Bielefeld.
Längere Pause
Dass er seine Spieler deshalb unmittelbar nach dem Bielefeld-Spiel in den Urlaub entlassen musste und erst am 2. Januar wiedersieht, passte Tedesco deshalb verständlicherweise nicht. Den Plan hatte noch Vorgänger Marsch festgelegt. «Ich hätte gern am 27. oder 28. Dezember trainiert, um mal Zeit zu haben. Wir haben gemeinsam beschlossen, diesen Plan beizubehalten. In Summe gewinnt man wahrscheinlich dadurch mehr», sagte Tedesco.
Für Ersatztorwart Josep Martinez führte dies allerdings erst einmal zum Verlust des Dienstwagens. Als Tedesco im Bauch der Leipziger Arena noch die Fragen der Medien beantwortete, crashte der 21-Jährige sein Auto am Flughafen bei einem missglückten Wendemanöver in einen Shuttlebus. Martinez blieb unverletzt und am Cottaweg wird man hoffen, dass dies der einzige schwere Schaden der Saison war.