Temperaturen von bis zu 40 Grad, Warnstufe Orange und kaum Abkühlung in Sicht: Die Hitzewelle hat auch die Tour de France im Griff, das Peloton kommt mächtig ins Schwitzen.
«Ich brauche persönlich keine 35 Grad. Es ist nicht so, dass ich sage, da fahre ich schneller. Ich bin kein Fan von der Hitze», sagte der bislang so stark auftrumpfende Lennard Kämna der Deutschen Presse-Agentur. Und auch Ex-Weltmeister Philippe Gilbert machen die hohen Temperaturen zu schaffen. «Die Hitze war extrem. Ich bin normalerweise einer, der nicht viel schwitzt, aber ich war komplett weiß durch die Salzauslagerungen», berichtete der 40 Jahre alte Routinier aus Belgien jüngst nach seinem Ausreißversuch.
Auf Temperaturen jenseits der 30 Grad müssen sich die Fahrer weiter einstellen, am Sonntag nach Carcassonne ganz im Süden könnte das Thermometer sogar die 40er Marke knacken. In einigen Departements Frankreichs gilt bereits die zweithöchste Warnstufe. «Hitze ist eine große Herausforderung im Radsport. Anders als bei vielen Sportarten, die nicht im Freien ausgetragen werden, haben die Fahrer wenig Möglichkeiten, sich vor der direkten Sonneneinstrahlung zu schützen», warnte Teamarzt Christopher Edler vom deutschen Bora-hansgrohe-Rennstall.
Trinken, trinken, trinken
So könnte der Faktor Hitze nicht unwesentlich für den Kampf um das Gesamtklassement sein. Titelverteidiger Tadej Pogacar gilt nicht als Freund von extremen Temperaturen. War das womöglich der Grund für seinen Einbruch auf dem Col du Granon? Der Slowene sagte nur: «Ich weiß, was passiert ist, das wird sich nicht wiederholen.»
Trinken, trinken, trinken, heißt das Motto. Bis zu 1,5 Liter pro Stunde nehmen die Radprofis während einer Etappe zu sich. «Man kann nicht genug trinken. Jede Flasche, die ein Fahrer auf heißen Etappen bekommt, ist Gold wert», betonte Edler. Ansonsten hilft alles, was kühlt: Eiswesten vor dem Start, kalte Gels und Getränke während des Rennens. Dazu stecken sich die Fahrer Socken mit Eis unter das Trikot. Not macht halt erfinderisch.
Bei Bora bekommen die Fahrer Elektrolyt- und kohlenhydratreiche Getränke. Schließlich verbrennen die Fahrer auf schweren Bergetappen bis zu 7000 Kalorien. «Der Grundumsatz in Höhe und Hitze steigt, das Schwitzen kostet Energie, auch da muss für ordentlich Nachschub gesorgt werden», erklärte Edler. Gerade in den Bergen gebe es zwei extreme Umwelteinflüsse, die eine Rolle spielen: Hitze und Höhe.
Sonnenbrand-Gefahr
Darauf müssten die Fahrer frühzeitig vorbereitet werden. Edler nannte verschiedene Möglichkeiten wie «systematische Saunagänge, heißes Baden nach dem Training oder das Training mit mehr Kleidung, so dass man den Kühlungseffekt des Schwitzens verringert». Das sei von Fahrer zu Fahrer unterschiedlich.
Nicht zu unterschätzen sei während der Tour auch die Gefahr eines Sonnenbrandes. «Die Haut ist unser größtes Organ, und wenn man sich einen großen Teil davon verbrennt, kostet das Ressourcen, vor allem über drei Wochen», sagte Edler. Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor sei essenziell, ebenso UV-dichte Kleidung. Beim Team DSM ist sogar eine eigens entwickelte Sonnencreme im Einsatz.
Bereits im Juni hatte eine erste Hitzewelle Frankreich erfasst. Damals verbot bei der Route d’Occitanie im Departement Tarn der Präfekt wegen der extremen Temperaturen die Durchfahrt, die Etappe wurde auf 36 Kilometer verkürzt. Die Tour-Organisatoren hoffen, dass es beim größten Radrennen der Welt nicht soweit kommen muss.