Hockey-Herren stehen in Tokio im Halbfinale

Bei stechender Sonne und mehr als 30 Grad schworen sich die deutschen Hockey-Herren im Kreis auf den Kampf um die fünfte Olympia-Medaille in Serie ein.

Direkt nach dem souveränen Halbfinal-Einzug im Glutofen von Tokio machte sich das Team von Bundestrainer Kais al Saadi schnell auf den Weg in die klimatisierten Appartements und startete im Athletendorf das Videostudium des nächsten Gegners Australien. «Da mussten ein paar Gefühle raus, wir sind überglücklich», berichtete der Coach über die emotionalen Ansprachen nach dem 3:1 über Olympiasieger Argentinien. «Die Jungs haben ein ganz breites Grinsen im Gesicht. Wenn sie keine Ohren hätten, würden sie im Kreis lachen.»

Als er im Golf-Cart zur Pressekonferenz gefahren wurde, klebte auch Doppel-Torschütze Lukas Windfeder sein weißes Trikot völlig durchnässt und durchsichtig am Körper. Mit viel Flüssigkeit, nassen Handtüchern und Kühlwesten trotzte die Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes den Bedingungen im Oi Hockey Stadium – am Dienstag ist im Duell mit dem noch ungeschlagenen Topfavoriten um 10.30 Uhr (Ortszeit – 3.30 Uhr MESZ) wieder eine Kraftprobe zu erwarten. «Es war unfassbar anstrengend in der Hitze», berichtete der Mühlheimer Windfeder über die Partie am Vormittag. «Es wird wieder unfassbar heiß, es wird genauso intensiv, wir freuen uns drauf.»

Offensiv gnadenlos effektiv

Neben Windfeder (19. Minute/48.) traf auch Timm Herzbruch (40.) gegen Rio-Olympiasieger Argentinien per Strafecke. Offensiv zeigte das deutsche Team gnadenlose Effektivität, in der Verteidigung eine fast durchgehend konzentrierte Leistung. «Wir hätten gerne mehr Spektakel geboten, aber für einen Trainer ist so ein stabiler Sieg immer ein bisschen wertvoller, weil es gezeigt hat, wie erwachsen wir gespielt haben», sagte Coach al Saadi. Mit dem Erfolg nahm die Auswahl des DHB erfolgreich Revanche für die Niederlage im olympischen Halbfinale vor fünf Jahren gegen die damals noch stärkeren Argentinier.

Der nächste Gegner Australien hat in seinen sechs Auftritten in Tokio bislang noch nicht verloren, tat sich im Viertelfinale gegen Europameister Niederlande aber schwer und setzte sich erst mit 3:0 im Shoot-Out durch. «Die Australier haben eine sehr, sehr souveräne Gruppenphase gespielt», analysierte Christopher Rühr, sieht aber gute Chancen: «Sie sind sehr hart zu spielen, weil sie körperlich sehr stark sind, bei ihnen sind die Ausschläge nicht so hoch. Bei uns ist noch viel mehr Potenzial da.»

Erstmals in diesem olympischen Turnier voller Aufs und Abs ließ das deutsche Team einem starkem Auftritt, dem 3:1 gegen die Niederlande zum Vorrundenabschluss, auch eine weitere medaillenreife Leistung folgen. Die Hoffnungen nach Bronze (2016), Gold (2012), Gold (2008) und Bronze (2004) erneut Edelmetall zu gewinnen, sind damit berechtigt – Coach al Saadi sprach aber auch eine klare Warnung aus. «Wir haben es deutlich im Kreis gesagt: Wir haben noch gar nichts gewonnen», berichtete der 45-Jährige. Die Worte «gar nichts» wiederholte er schneidend und gab die Devise aus: «Jetzt freuen, Spannung aufbauen und dann die ganz dicken Spiele gewinnen. Wir haben zwei Tage uns vorzubereiten und wollen mit aller Gewalt ins Endspiel.»

Von Florian Lütticke, dpa