Huldigungen und Vorwürfe zu Maradonas Todestag

Vor einem Jahr ist der hellste Stern am argentinischen Fußball-Himmel verglüht. Diego Armando Maradona starb am 25. November 2020 in einer privaten Wohnanlage nördlich von Buenos Aires an einem Herzinfarkt. Das ganze Land stürzte damals in eine kollektive Depression.

Mitten in der Hochphase der Corona-Pandemie zogen Zehntausende Menschen an seinem Sarg im Regierungspalast Casa Rosada vorbei. Ganz Argentinien trug Trauer. Ein Jahr später wird des «Goldjungen», wie die Fans ihn nennen, mit Huldigungen, Fernsehserien und Denkmälern gedacht. So plant der südamerikanische Fußballverband Conmebol für Maradonas Todestag eine Würdigung in Montevideo, wo zwei Tage später das Finale der Copa Libertadores stattfindet.

«Sinnbild der Freude»

An seinem früheren Wohnort an der Kreuzung der Straßen Segurola und Habana in Buenos Aires wurde vor wenigen Tagen eine Gedenktafel enthüllt. «Maradona war für uns immer ein Sinnbild der Freude und des Glücks», sagte der Abgeordnete Daniel Del Sol, der die Initiative vorangetrieben hatte. «Wir wollen uns an ihn erinnern, an die Freude, die er uns bereitet hat, und wir sind glücklich, dass wir ihm diese Anerkennung zuteil werden lassen können.»

Maradonas Geburtshaus im Armenviertel Villa Fiorito südlich der argentinischen Hauptstadt wurde kürzlich sogar zu einer nationalen Gedenkstätte erklärt. In einem einfachen Haus verbrachte Maradona seine ersten Lebensjahre, heute schmückt ein Wandbild mit dem Konterfei des Weltmeisters von 1986 die Fassade.

Ein Jahr nach seinem Tod widmen sich eine ganze Reihe neuer Serien, Bücher und Podcasts dem Leben des Ausnahmefußballers. Beim Streamingdienst Amazon Prime ist «Maradona: Sueño bendito» (Maradona: Gesegneter Traum) zu sehen, bei Spotify gibt es einen Podcast über die letzten Tage von «El Diez» (Die Zehn). In Argentinien ist zum Todestag sogar eine Comic-Biografie erschießen. «Maradona ist beliebter als Jesus und die Beatles», behauptet der Zeichner Miguel Repiso.

Vorwürfe wegen Menschenhandels

Überschattet wird die Huldigung des wohl berühmtesten Argentiniers allerdings von neuen Vorwürfen, die im Zuge von Ermittlungen gegen frühere Vertraute des Fußballstars erhoben wurden. Gegen mehrere Männer aus seinem Umfeld wird wegen Menschenhandels ermittelt, weil sie Maradonas damals minderjährige Geliebte ohne Einverständnis ihrer Eltern von Kuba nach Argentinien gebracht hatten.

Mavys Álvarez warf Maradona in einem Interview mit dem Nachrichtenportal «Infobae» nun vor, sie vergewaltigt, geschlagen, zu einer Brustvergrößerung gedrängt und zum Drogenkonsum genötigt zu haben. «Am Anfang hat er mich glücklich gemacht, aber dann kam ein Punkt, als das nicht mehr der Fall war», sagte die heute 37-Jährige. «Ich habe um mein Leben gefürchtet.»

Maradonas Leibarzt wird Totschlag vorgeworfen

Außerdem überziehen sich Maradonas Töchter, ehemalige Wegbegleiter und sein früherer Anwalt Matías Morla gegenseitig immer wieder mit schweren Vorwürfen, wer für den frühen Tod verantwortlich war. Und die Staatsanwaltschaft wirft Maradonas Leibarzt Leopoldo Luque, der Psychiaterin Agustina Cosachov und mehreren Pflegekräften mittlerweile Totschlag vor. Sie hätten um den schlechten Gesundheitszustand ihres Patienten gewusst und ihn seinem Schicksal überlassen. Im Falle einer Verurteilung drohen den Verdächtigen Freiheitsstrafen von bis zu 25 Jahren.

Maradona war von jahrelangem Drogenkonsum, Übergewicht und seinem exzessivem Lebensstil gezeichnet, dennoch könnte er nach Einschätzung der Ermittler noch leben, wenn er medizinisch richtig betreut worden wäre. Sein Umfeld verheimlichte den schlechten Gesundheitszustand aber mit allen Mitteln. Offenbar fürchtete man, von ihm unterzeichnete Verträge könnten sonst für ungültig erklärt werden.

«Es muss Gerechtigkeit für seinen plötzlichen Tod geben. Es kann nicht so weitergehen, als ob nichts geschehen wäre», schrieb Maradonas Tochter Gianinna vor wenigen Tagen bei Instagram. «Das ist alles zu viel. Ich halte es nicht mehr aus. Tausend offene Fronten, viele Feinde, die mit Raketen schießen. Die Zeit hat mir schließlich Recht gegeben, aber es ist wertlos, weil du nicht mehr da bist.»

Von Denis Düttmann, dpa