Impf-Debatte: Experten, Statistiken und andere Sportarten

Die von Bayern-Profi Joshua Kimmich ausgelösten Debatten über eine Corona-Impfung werden auch in der kommenden Woche den deutschen Fußball beschäftigen. Andere Sportarten wie Eishockey haben aktuell mit zahlreichen Infektionen zu kämpfen.

Was sagen Experten zu den Kimmich-«Bedenken»?

Wissenschaftlicher Konsens ist das, was Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, so formulierte: «Was offensichtlich viele Menschen unter Langzeitfolgen verstehen, nämlich dass ich heute geimpft werde und nächstes Jahr eine Nebenwirkung auftritt, das gibt es nicht, hat es noch nie gegeben und wird auch bei der Covid-19-Impfung nicht auftreten.» Kardiologe Jonas Zacher von der Deutschen Sporthochschule Köln sagte dem TV-Sender Sky: «Die Wahrscheinlichkeit, dass unerwartete Langzeitfolgen auftreten, ist extrem gering, fast nichtig.» Er sprach von einer «ganz klaren Empfehlung»: «Das Risiko durch eine Impfung ist viel geringer als das Risiko durch eine Covid-19-Infektion. Von daher klare Impfempfehlung, auch für unsere Nationalspieler.»

Wie sicher sind die Corona-Impfstoffe?

Kimmich hatte seine Entscheidung unter anderem mit «Bedenken, gerade, was fehlende Langzeitstudien angeht», begründet. An den genbasierten mRNA-Impfstoffen, die auf einer neuartigen Technologie beruhen, arbeiten Forscher aber schon seit Jahrzehnten. Die Corona-Pandemie beschleunigte die Entwicklung enorm: Plötzlich gab es viel mehr Geld, Wissenschaftler stürzten sich weltweit auf das Thema. Auch andere Vektor-Impfstoffe kamen rasch auf den Markt. In Deutschland seien über 100 Millionen und weltweit über sechs Milliarden Dosen an Corona-Impfstoffen verabreicht worden, sagte Watzl dazu. Daher kenne man bereits mögliche seltene Nebenwirkungen bei Vektor-Impfstoffen wie Sinusvenenthrombosen. Dabei kommt es zu einem Verschluss bestimmter Venen im Gehirn. Die gesundheitlichen Risiken bei Covid-Infektionen seien jedoch viel, viel größer als bei Impfungen, sagte Dirk Brockmann von der Berliner Humboldt-Universität.

Wie viele Bundesliga-Profis sind denn überhaupt geimpft?

Offizielle Angaben macht die Deutsche Fußball Liga nicht, auch die Vereine sind nicht verpflichtet, öffentlich über den Impfstatus ihrer Spieler Auskunft zu geben. Mit 94 Prozent bezifferte der scheidende DFL-Geschäftsführer Christian Seifert vor kurzem die Quote über alle Teams hinweg. Auch er appellierte an die Profis, sich impfen zu lassen: «Auf der einen Seite kann jeder für sich entscheiden, auf der anderen Seite hat man aber auch eine professionelle Verantwortung sich und seinem Körper gegenüber. Man verdient halt mit seinem Körper Geld – und sogar ziemlich viel.»

Darf ein nicht-geimpfter Spieler in einem Stadion spielen, in dem Fans nur unter 2G-Bedingungen zugelassen sind?

Nach aktuellem Stand: ja. Das Konzept der DFL für die Clubs und ihre Angestellten ist ein Arbeitsschutzkonzept und mit der Berufsgenossenschaft abgestimmt. Dieses Hygienekonzept ist unabhängig von dem für die Zuschauer. Dieses liegt in der Verantwortung der Clubs in Zusammenarbeit mit den Behörden, die auf die Vorgaben des Landes angewiesen sind. Daher hat die DFL auch keinen Einfluss auf die Vorgaben für die Zuschauer, bei denen es auch um Konzepte für Freizeitveranstaltungen wie Konzerte oder Ähnliches geht. Als plakatives Beispiel wird gerne die Gastronomie genannt: Da könne es für Gäste 2G geben, aber der Koch muss sich möglicherweise nur nach 3G (geimpft, genesen oder getestet) richten.

Wie sieht es in anderen Sportarten aus?

Besonders im Tennis gibt es heftige und kontroverse Debatten. Der Weltranglisten-Erste Novak Djokovic beispielsweise hat bislang offengelassen, ob er angesichts der strengen Corona-Auflagen zu seiner Titelverteidigung in Australien antreten wird. Der 34 Jahre alte Serbe ist zwar von einer Corona-Infektion genesen, will aber nicht öffentlich machen, ob er gegen das Virus geimpft ist oder nicht. Das sei Privatsache, hatte Djokovic in einem Interview betont. Der Österreicher Dominic Thiem hatte vor zwei Wochen gesagt, dass er noch nicht geimpft sei, weil er auf einen Totimpfstoff warte. Wenn dieser aber nicht schnell genug verfügbar sei, würde er auf einen anderen Impfstoff zurückgreifen. Nach Angaben der Profiorganisation ATP beträgt der Anteil der geimpften männlichen Spieler im Tennis rund 65 Prozent.

Die Deutsche Eishockey Liga (DEL) ist im Moment besonders betroffen: Nach den zahlreichen Fällen beim EHC Red Bull München und der Düsseldorfer EG konnten am Sonntag die Iserlohn Roosters wegen eines positiven Corona-Tests nicht spielen. Von der Basketball-Bundesliga hieß es vor Saisonbeginn, dass bis auf einen Spieler alle anderen in allen Teams vollständig geimpft seien.

Von Christian Kunz, Wolfgang Müller und Simone Humml, dpa