Jüngste deutsche Olympionikin Stoephasius «will Spaß haben»

So einen Rummel wie 1992 um die damals nur wenig ältere Franziska van Almsick muss Lilly Stoephasius bei den Olympischen Spielen in Tokio nicht fürchten.

Während die Schwimmerin in Barcelona als Wunderkind zum Zentrum eines Hypes wurde, beweist die gerade 14 Jahre alt gewordene Skateboarderin eine erstaunliche Frühreife. «Ich fühle mich geehrt, als jüngste deutsche Sportlerin nach Tokio zu fahren. Ich sehe es aber nicht als so wichtig an, die Jüngste zu sein. Ich sehe mich als Mitglied des Teams», sagte Stoephasius der Deutschen Presse-Agentur.

Skateboard erstmals olympisch

Immerhin hat die Schülerin, die ab August die neunte Klasse besucht, schon drei deutsche Meistertitel, einen Vize-Europameister sowie WM-Bronze in den vergangenen Jahren im wahrsten Sinne des Wortes erfahren. Mit der Qualifikation für Olympia im Mai bei der Pro Tour in Des Moines in Iowa habe sie dabei das wichtigste Ziel schon erreicht. «Ich habe mich auf Olympia hingekämpft und wollte es unbedingt», sagt sie.

Skateboard ist erstmals eine olympische Disziplin. Stoephasius geht in der Disziplin Park an den Start. In einem Schwimmbecken ähnlichen und mit einigen Hügeln ausgestatten Areal stellen die Sportler ihre Fahrkünste rund 40 bis 45 Sekunden lang unter Beweis. Eine Altersgrenze gibt es nicht.

Ein Grund für das selbstbewusste Auftreten des Teamkükens ist auch das frühe Herantasten an das Board. Mit knapp einem Jahr stellte Vater Oliver seine Lilly mit auf sein Brett, zwei Jahre später sauste die Kleine allein durch die Landschaft. «Dann wurde sie irgendwann sehr schnell sehr viel besser, auch als ich es je war», sagt Vater Stoephasius, der gleichzeitig als Trainer fungiert und Lilly auch nach Japan begleitet.

Spaß steht an erster Stelle

Bei den Spielen selbst wird die Sportlerin vom 1. Berliner Skateboardverein mit einem modernisierten olympischen Motto befreit auftreten. «In Tokio will ich einfach nur Spaß haben und den Park mit den anderen fahren. Natürlich werde ich mein Bestes geben und vielleicht unter die Top Ten fahren. Aber wenn das nicht klappt, bin ich nicht enttäuscht»

Während sich andere Athleten tunnelartig auf ihre Sportarten fokussieren, betont die Schülerin die Freude am Fahren: «Das Wichtigste beim Skateboardfahren ist der Spaß, sonst klappen die Tricks auch nicht.» Darum würde sie bei den Spielen gern Simone Biles treffen. Bei der US-Ausnahmeturnerin könne man «permanent sehen, wie viel Spaß sie beim Turnen hat. Das finde ich voll schön.»

Und trotz rund 15 Stunden Training in der Woche sowie diversen Wettkämpfen ist der Spaß nicht vergangen. «Jetzt ist es kein Hobby mehr, sondern professionell und ich trainiere hart dafür. Skateboard fahren ist aber eine Sportart, die immer Spaß macht», sagt Stoephasius.

Zumal die Zeit des professionellen Fahrens arg begrenzt ist. «Die Besten sind um die 17, 18 Jahre alt, die Beste ist erst 15. Es gibt aber auch gute Skater, die 25, 26 Jahre sind. Die sind dann aber schon eine der älteren Skater», sagt Stoephasius, die bei den Olympischen Spielen in Paris in drei Jahren im besten Skateboard-Alter wäre.

«In Rente kann man damit nicht gehen»

Für Dirk Schimmelpfennig, den deutschen Chef de Mission, erfüllt Stoephasius bereits in ihrem jungen Alter eine Vorbildfunktion. «Sie verkörpert zudem vielleicht auch eine junge Generation in einer noch jungen Sportart und weckt so hoffentlich bei sportinteressierten Jugendlichen in Deutschland ein Interesse an der Sportart Skateboard», sagte Schimmelpfennig der dpa.

«Lilly ist zu wünschen, dass sie bei allem Ehrgeiz und allen, auch persönlichen Erwartungen unbeschwert in ihre ersten Olympischen Spiele geht. Da Skateboarden im Olympischen Programm zumindest bis zu den Spielen in Paris 2024 verbleibt, haben Lilly und ihre Sportart auch zukünftig eine gute Perspektive», fügte Schimmelpfennig hinzu.

Dank ihrer Erfolge will die 14-Jährige «ein paar Jahre» vom Skateboard fahren leben. «In Rente kann man damit nicht gehen, außer man ist Tony Hawk», sagt Stoephasius über die 40 Jahre ältere Skateboard-Legende aus den USA, «ein normaler Skater schafft das nicht unbedingt.»

Von Thomas Flehmer, dpa