Kaffee-Trikots: Was der Fußball für mehr Nachhaltigkeit tut

Wer gerne Kaffee trinkt, kennt diese Situationen. Wenn die Maschine benutzt wurde, müssen die Kaffeereste entsorgt werden, am besten in der Biotonne. Man kann Kaffeesatz auch als Dünge- oder Reinigungsmittel benutzen. Selbst Kosmetik lässt sich daraus herstellen. Oder Trikots.

Der englische Drittligist Forest Green Rovers läuft in Shirts auf, die aus Kaffeeresten und recyceltem Polyester gefertigt werden. Damit will der «grünste Fußballclub der Welt» seine Abhängigkeit von Plastik verringern. Es ist der nächste Schritt zu mehr Nachhaltigkeit dieses in jeglicher Hinsicht außergewöhnlichen Vereins.

Der «grünste Club der Welt»

Im Stadion und auch für die Spieler gibt es dort nur veganes Essen. Der Energiebedarf wird allein aus erneuerbaren Quellen gedeckt. Vor ein paar Jahren wurden die Rovers von den Vereinten Nationen als erster klimaneutraler Fußballclub der Welt ausgezeichnet. In Zeiten brennender Felder und Wälder in Europa können sie ein Vorbild sein, auch für die 18 Bundesliga-Clubs. Und selbst wenn weder der FC Bayern, Werder Bremen oder sonst ein Erstligist seine Trikots aus Kaffeeresten herstellt, tut sich in Deutschland einiges. Auf der anderen Seite gibt es aber noch viel mehr zu tun. So weit wie der Verein aus dem Westen Englands ist jedenfalls noch keiner.

Clubs im Bereich Nachhaltigkeit weiterbilden

«Was man sicher sagen kann, ist, dass der Sport insgesamt noch etwas nachhängt im Vergleich zu den meisten Branchen», sagt der Nachhaltigkeitsexperte Stefan Schaltegger von der Leuphana Universität Lüneburg. «Die Textilindustrie oder die chemische Industrie beispielsweise werden schon viel länger kritisiert und sind dementsprechend auch einfach schon viel länger unterwegs.» Dennoch sieht der Professor die Bundesligisten auf dem richtigen Weg. Ab Herbst wird Schaltegger an seiner Uni Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Clubs im Bereich Nachhaltigkeit weiterbilden. Dabei wird es wohl auch um die Trikotproduktion gehen.

Denn wie nachhaltig ist es eigentlich, dass fast jeder Verein jedes Jahr drei neue Shirts auf den Markt bringt? «Ob es in jedem Jahr ein neues Heim-, Auswärts- und Ausweichtrikot braucht, ist unter Nachhaltigkeitsaspekten definitiv zu bezweifeln», sagt Hannah Maidorn von Fairtrade. «Darüber hinaus sollte es in der öffentlichen Diskussion aber nicht nur um die Anzahl der Kollektionen gehen, sondern auch um die Art und Weise, wie produziert wird.» Genau das hat Fairtrade im Blick, das mit seinem Siegel Produkte kennzeichnet, bei deren Herstellung bestimmte Kriterien eingehalten wurden. Etwa, dass bei der Produktion faire Löhne gezahlt werden.

Muss es wirklich jede Saison neue Trikots geben?

Auf den Trikots der 18 Bundesligisten prangt dieses Siegel bislang nicht. Was damit zu tun hat, dass die Shirts zu 100 Prozent aus synthetischen Fasern bestehen und somit nicht aus Fairtrade-zertifizierter Baumwolle. Allerdings: Viele Bundesligisten stellen ihre Trikots aus recyceltem Polyester her. Außerdem stellen es manche wie die TSG 1899 Hoffenheim nach eigenen Angaben «intern zur Diskussion», ob es wirklich jede Saison neue Trikots geben muss. Auch Hertha BSC und RB Leipzig stellen das zur Debatte. Zudem weist Fairtrade darauf hin, dass einige zumindest bei der Herstellung anderer Merchandising-Produkte schon auf Fairtrade-Baumwolle setzen.

Besonders hebt die Organisation den VfB Stuttgart hervor. Über die Zusammenarbeit mit einem Textilunternehmen bieten die Schwaben laut Maidorn einige Kleidungsstücke an, deren komplette Lieferkette nach dem Fairtrade-Textilstandard zertifiziert ist. Ein anderes Musterbeispiel ist der FC St. Pauli. Der Zweitligist hat eine eigene nachhaltige Marke gegründet und stellt seine Trikots seit zwei Jahren selbst her. Vorher hatten die Hamburger zwar nach einem externen Ausrüster gesucht, aber keinen gefunden, der laut Clubangaben nachhaltig oder transparent genug produziert hätte.

Vorbilder für andere

«Vereine wie St. Pauli, der VfB Stuttgart, der Hamburger SV oder Werder Bremen haben schon einen großen Schritt gemacht und können Vorbild für andere sein», sagte Lara Schröder von der gemeinnützigen Gesellschaft cum ratione. In einer Studie hat cum ratione die Textilien in Fanshops der Erst- und Zweitligisten sowie die dahinterliegenden Lieferketten analysiert. Am besten schneidet auch hier St. Pauli ab.

Dass es aber immer noch eine Reihe von Clubs gibt, die deutlich schlechter unterwegs sind, hat auch mit fehlenden «personellen und zeitlichen Ressourcen» zu tun, wie Schröder sagt. Kaffee jedenfalls fließt bei noch keinem Bundesligisten in die Trikotproduktion ein. Es ist halt noch nicht jeder so weit wie die Forest Green Rovers.

Von Nils Bastek, dpa