Kerber mit Bravour weiter – Struff verpasst Coup

Mit einem glücklichen Lächeln warf Angelique Kerber ihr weißes Handtuch ins Publikum. Im Eiltempo meisterte die Siegerin von 2018 ihre Auftaktaufgabe beim geliebten Rasen-Klassiker in Wimbledon und präsentierte sich in starker Frühform.

Beim 6:0, 7:5 deklassierte Kerber am Montag die Französin Kristina Mladenovic im ersten Satz in nur 16 Minuten und meisterte im zweiten Durchgang auch knappe Situationen.

«Es war ein sehr tricky Match. Ich habe gut angefangen, aber sie hat auch nicht wirklich gut gespielt», sagte die 34 Jahre alte Kielerin. «Ich musste ruhig bleiben und dann mein bestes Tennis spielen. Ich bin froh, weiter zu sein.»

Kerber krönt starken Turnierstart der Deutschen

Nach nur 62 Minuten krönte Kerber die starken Auftritte mehrerer deutscher Tennisprofis zum Turnierstart. Jan-Lennard Struff verpasste einen Erstrunden-Coup gegen den spanischen Jungstar Carlos Alcaraz in fünf Sätzen nur knapp. Oscar Otte entschied das deutsche Duell mit Peter Gojowczyk klar für sich und untermauerte beim 6:1, 6:2, 6:1 seine Stellung als deutsche Nummer eins in Abwesenheit des verletzt fehlenden Olympiasiegers Alexander Zverev.

«Ich habe es sehr gerne mitgenommen, weil ich heute unbedingt fertig werden wollte», sagte der Kölner, der in Abwesenheit des verletzten Alexander Zverev die deutsche Nummer eins bei den Herren ist, über seinen schnellen Erfolg. Jule Niemeier und Maximilian Marterer feierten ihre Premierensiege in Wimbledon.

Für die dreimalige Grand-Slam-Turniersiegerin Kerber war es an ihrem selbst titulierten «magischen Ort» an der legendären Church Road hingegen schon der 37. Erfolg – und ein besonderer. Bei ihrer 14. Wimbledon-Teilnahme gelang ihr erst zum vierten Mal ein Satzgewinn ohne eigenen Spielverlust.

Erst in dem umkämpfteren zweiten Durchgang wurde Kerber so richtig gefordert, zeigte in den entscheidenden Situationen aber ihre Klasse und schaffte das entscheidende Break zum 6:5. Mit einer Rückhand verwandelte sie ihren Matchball. In der nächsten Runde trifft die Halbfinalistin des Vorjahres auf Magda Linette aus Polen und ist ebenfalls favorisiert.

Kurz vor dem Auftritt von Kerber auf Court 1 verabschiedeten die Zuschauer Struff unter dem geschlossenen Dach des zweitgrößten Stadions mit donnerndem Applaus. Trotz großen Kampfs musste sich der 32-jährige Warsteiner nach 4:10 Stunden mit 6:4, 5:7, 6:4, 6:7 (3:7), 4:6 geschlagen geben und klopfte dem Weltranglisten-Siebten anerkennend auf den Rücken.

Struff kassierte im fünften Satz das entscheidende Break zum 4:5, der an Nummer fünf gesetzte Alcaraz verwandelte wenig später seinen zweiten Matchball. «Ich bin sehr happy mit meiner Leistung, es tut aber deutlich weh, so zu verlieren», sagte Struff. «Die Art und Weise macht aber Mut für viel mehr dieses Jahr, um wieder nach vorne zu kommen.» Struff hatte diese Saison wegen eines gebrochenen Zehs mehr als zwei Monate pausieren müssen.

Er hatte das Wunderkind Alcaraz vergangenes Jahr in der ersten Runde der French Open noch bezwungen. Der 19 Jahre alte Spanier hat nach allein vier Turniersiegen in diesem Jahr aber einen ganz anderen Status und liegt derzeit auf Weltranglistenplatz sieben.

Niemeier feiert ersten Grand-Slam-Sieg

Die 22 Jahre alte Niemeier setzte sich nach nur 73 Minuten mit 6:1, 6:4 gegen die Chinesin Xiyu Wang durch und feierte damit ihren ersten Sieg überhaupt bei einem Grand-Slam-Turnier. «Ich bin extrem glücklich mit meiner Performance heute, weil ich sehr gut gespielt habe von Anfang bis Ende», sagte die Dortmunderin. Niemeier steht nun vor einer äußerst schweren Aufgabe und trifft auf die an Nummer zwei gesetzte Estin Anett Kontaveit.

Marterer bezwang den Slowenen Aljaz Bedene nach 3:04 Sunden mit 4:6, 7:5, 6:4, 7:5 und ließ sich dabei auch von zwei längeren Regenpausen nicht aus dem Konzept bringen. «Das fühlt sich unglaublich an, da hätte ich vor dem Turnier nicht mit gerechnet», sagte der Nürnberger, der sich durch die Qualifikation gekämpft hatte. Marterer gelang bei seiner zweiten Hauptrunden-Teilnahme der erste Sieg in Wimbledon, er bekommt es nun mit Frances Tiafoe aus den USA zu tun.

Struff leistet großen Kampf

Struff scheiterte hingegen knapp an seinem ersten Zweitrunden-Einzug seit 2019. Der Bruch seines großen Zehs, der ihn dieses Jahr mehr als zwei Monate lang gestoppt hatte, war ihm lange Zeit nicht anzumerken. Angesichts der «brutal schweren Aufgabe» hatte er vor der Partie angekündigt, einen «Monsterfight» zu liefern – und Struff hielt Wort.

Vor allem mit seinem bis zu 218 Stundenkilometer schnellem Aufschlag und krachenden Vorhänden setzte er seinen Gegner zu Beginn unter Druck und blieb auch in zahlreichen engen Momenten nervenstark. Am Ende fehlte Struff auch sichtbar die Kraft.

Von Florian Lütticke, dpa