Abgekämpft und enttäuscht verließ Angelique Kerber den schmucklosen Nebenplatz im Stade Roland Garros. Auch beim zweiten Grand-Slam-Turnier nach der Rückkehr aus ihrer Babypause war die frühere Nummer 1 der Tennis-Weltrangliste in Paris an der Auftakthürde gescheitert.
«Vieles hat heute nicht zusammengepasst», sagte die 36-Jährige angesichts der langen Warterei wegen Regens, des nasskalten Wetters, der ungewohnten Atmosphäre auf dem kleinen Court 2 und auch ihrer eigenen Leistung.
Das 4:6, 3:6 gegen die Niederländerin Arantxa Rus in ihrem Auftaktmatch bei den French Open wollte Kerber deswegen so schnell wie möglich abhaken. «Jetzt schaue ich nach vorn und freue mich auf Rasen.» Diesen Rat gab ihr auch Tennis-Ikone Boris Becker. «Trotzdem muss Angie nicht den Kopf hängen lassen», sagte der Eurosport-Experte, «denn der Rasen kommt bestimmt».
Nach Wimbledon in Top-Form
Im Juli beim Rasen-Klassiker in Wimbledon will Kerber, die nach ihrer Babypause erst zum Jahreswechsel auf die Tour zurückgekehrt war, wieder möglichst nahe an ihre Topform rankommen. Zur Vorbereitung tritt sie noch in Berlin und Bad Homburg auf ihrem Lieblingsbelag an.
Als einzige deutsche Spielerin erreichte Tamara Korpatsch in Paris die zweite Runde. Die 29 Jahre alte Hamburgerin kämpfte Ashlyn Krueger aus den USA nach drei Stunden mit 4:6, 6:4, 7:6 (11:9) nieder und trifft nun auf die an Nummer sieben gesetzte Chinesin Qinwen Zheng.
Auf dem eher ungeliebten Sandbelag spielte Kerber zu verhalten. «Sie muss die Handbremse aus dem Arm kriegen», hatte Ex-Bundestrainerin Barbara Rittner bei Eurosport während des ersten Satzes gesagt. Ganz anders die Niederländerin Rus mit ihrer gefährlichen Spin-Vorhand. «Sie hat durch ihre Größe unglaublich gute Hebel und peitscht die Schläge in alle Richtungen», sagte Rittner, «und sofort muss Angie extrem reagieren und wird immer kürzer».
Kuriose Szene: Beim Stand von 4:5 und 0:15 riss eine Seite bei Kerbers Schläger, sie spielte dennoch weiter und holte sich sogar den Punkt. Doch es half ihr nichts: Rus gelang das Break zum Satzgewinn. Kerber monierte beim Stuhlschiedsrichter, dass sie von einem Zwischenruf beim Satzball mitten im Ballwechsel aus dem Konzept gebracht worden sei. «Ich wusste nicht, woher der Schrei kam», erklärte Kerber: «Ich wollte es wenigstens erklärt bekommen.»
Fan-Mehrheit für Kerber
Auch im zweiten Satz musste Kerber für fast jeden Punkt hart kämpfen. Unterstützung erhielt sie von den Zuschauern, die mehrheitlich die Deutsche anfeuerten. Dass sie als dreimalige Grand-Slam-Turniersiegerin auf einem solchen Nebenplatz mit den vielen Störfaktoren spielen musste, wollte Kerber zumindest öffentlich nicht kritisieren. «Ich nehme es so, wie es ist. Ich habe trotzdem versucht, mein Bestes zu geben und in das Match reinzukommen.»
In der zweiten Runde hätte auf sie ein Top-Duell mit Titel-Mitfavoritin Jelena Rybakina aus Kasachstan gewartet. Vor ihrem Auftaktmatch hatte sie über die mögliche Gegnerin partout nichts wissen wollen. «Ich weiß, gegen wen ich der ersten Runde spiele – und das reicht», sagte sie: «Der Fokus liegt komplett auf der ersten Runde.» Genutzt hat es nichts.