Angelique Kerber legte Leylah Fernandez anerkennend die Hand auf die Schulter und wünschte ihrer emotional aufgewühlten Gegnerin viel Glück für das Viertelfinale bei den US Open.
Nach dem überraschenden Aus im Duell der Tennis-Generationen gegen die knapp 15 Jahre jüngere Kanadierin fühlte sich die dreimalige Grand-Slam-Siegerin ein wenig in ihre eigene Anfangszeit zurückversetzt. «Ich erinnere mich sehr gut an das Gefühl. Es ist ein paar Jahre her. Aber sie hatte keinen Druck, hat ein lockeres Händchen, trifft den Ball», sagte Kerber nach der 6:4, 6:7 (5:7), 2:6-Niederlage in einem hochklassigen Match und nahm das Aus der Träume vom Titel gefasst auf.
Wie schon zuvor Titelverteidigerin Naomi Osaka musste sich auch die 33 Jahre alte Kielerin trotz gewonnenen ersten Satzes der völlig befreit aufspielenden Fernandez geschlagen geben. Und auch Peter Gojowczyk hatte nach großem Kampf am Ende dem jugendlichen Schwung des ebenfalls 18 Jahre alten Spaniers Carlos Alcaraz nichts mehr entgegenzusetzen. Von Krämpfen geplagt unterlag der Münchner mit 7:5, 1:6, 7:5, 2:6, 0:6 und konnte das beste Grand-Slam-Resultat seiner Karriere nicht mit einer weiteren Überraschung ausbauen. «Es ist hart, wenn es so zu Ende geht», sagte der 32-Jährige.
Krise überwunden
Anders als Gojowczyk war Kerber angesichts ihrer aufsteigenden Form in Flushing Meadows durchaus als mögliche Außenseiter-Kandidatin auf den Titel gehandelt worden. Trotz der Enttäuschung blickte die US-Open-Siegerin von 2016 aufgrund der zuletzt überwundenen Krise zuversichtlich in die Zukunft. «Es ist großartig zu sehen, dass ich zurück bin, dass ich Spaß auf dem Platz habe, dass ich wieder gutes Tennis spielen und gegen die besten Spielerinnen gewinnen kann», sagte sie als erstes Fazit nach dem letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres und dem Aus als letzte deutsche Starterin. «Natürlich ist das ein besseres Gefühl als zu Beginn des Jahres.»
Bei acht von neun Turnieren nacheinander war Kerber damals entweder gleich zum Auftakt oder in ihrer zweiten Partie gescheitert. Seit dem Sieg von Bad Homburg ging es mit Halbfinal-Teilnahmen in Wimbledon und Cincinnati aber aufwärts, so dass sie den Rückschlag im ersten Moment gut verkraftete. «Am Ende ist es natürlich tough, aber man muss das auch akzeptieren, so ein Match zu verlieren», sagte die frühere Weltranglistenerste, die auch im zweiten Satz bereits mit einem Break geführt hatte. «Es waren wirklich zwei, drei Punkte, sie hat ein unglaubliches Match gespielt.»
Kerber als Beispiel
Im Kampf um den Einzug ins Halbfinale trifft Fernandez, die zuvor noch nie die dritte Runde bei einem Grand Slam überstanden hatte, nun auf die an Nummer fünf gesetzte Ukrainerin Jelina Switolina. «Wir haben ihr Spiel viel studiert, sie als Beispiel genommen», schwärmte Fernandez einen Tag vor ihrem 19. Geburtstag über Kerber. «Sie ist eine unglaubliche Kämpferin, unglaubliche Spielerin.»
Die Zuschauer verabschiedeten Fernandez begeistert aus dem Louis Armstrong Stadium. Und auch in der Herren-Konkurrenz sorgte am Sonntag ein 18-Jähriger für großen Jubel der Fans. Gojowczyk-Bezwinger Alcaraz ist der jüngste männliche Viertelfinalist bei den US Open in der Geschichte des Profi-Tennis, der Open Era, ab 1968. «Das ist die nächste Zukunft. Er ist so talentiert», lobte Gojowczyk seinen Kontrahenten Alcaraz. «Er steht vor einer großartigen Zukunft.»