Kimmichs Kunstschuss rettet spätes Bayern-Remis gegen Köln

Kapitän Joshua Kimmich applaudierte mit seinen Münchner Kollegen den Bayern-Fans auf der Tribüne, aber glücklich wirkte der Kunstschütze nicht. Mit seinem Traumtor in der 90. Minute hatte der Nationalspieler den Serienmeister noch vor einem wuchtigen Fehlstart 2023 bewahrt.

Vier Tage nach dem 1:1 in Leipzig rettete Kimmichs Fernschuss-Treffer ein 1:1 (0:1) im Heimspiel gegen den leidenschaftlich spielenden 1. FC Köln. Beflügelt vom 7:1 gegen Werder Bremen konnten die Kölner nach dem frühen Tor von Ellyes Skhiri (4. Minute) lange auf den nächsten großen Sieg hoffen, ehe die Bayern doch noch zuschlugen.

Dem Titelkampf der Fußball-Bundesliga hauchten die Rheinländer trotzdem neue Spannung ein. Halbzeit-Meister FC Bayern befindet sich drei Wochen vor dem großen Achtelfinalduell mit Paris Saint-Germain und Weltmeister Lionel Messi weit entfernt von Champions-League-Form. Torschütze Kimmich sah vor allem Mängel bei der Einstellung. «Das ist keine Sache von Taktik oder Fitness, sondern es ist die Bereitschaft», sagte der Nationalspieler.

Sommer noch sieglos

Yann Sommer konnte vor 75.000 Zuschauern in der Allianz Arena auch im zweiten Spiel als Bayern-Torwart keinen Sieg bejubeln, freute sich aber immerhin über das «superschöne Tor» von Kimmich. «Schön, aber zu spät. Es hat am Ende leider nicht gereicht», sagte Münchens Trainer Julian Nagelsmann.

FC-Keeper Marvin Schwäbe war seinerseits mit mehreren Paraden ein Garant des Kölner Punktgewinns. In der 80. Minute rettete er spektakulär beim Kopfball des erneut spät eingewechselten Thomas Müller, bei Kimmichs Kracher war er machtlos. «Es ist ärgerlich wegen dem Zeitpunkt, aber grundsätzlich geht das in Ordnung. Wir gehen zufrieden mit dem Punkt nach Hause», sagte FC-Coach Steffen Baumgart.

Vor dem Anpfiff richteten sich die Objektive der Fotografen auf Ex-Weltmeister Müller, der erneut auf der Bank der Münchner Platz nehmen musste. Neuzugang Sommer musste indes bei seinem ersten Heimspiel als Bayern-Schlussmann den Ball schon aus dem Netz holen, noch ehe er sich auszeichnen konnte.

Hohe Kölner Laufbereitschaft

Bei einem Eckball der Kölner verteidigten die Bayern ganz schwach. Skhiri, dessen Einsatz wegen Blessur am Fuß fraglich gewesen war, drückte den Ball völlig frei aus kurzer Distanz über die Torlinie. Mit dem Schwung des Kantersiegs gegen Bremen brachte Baumgarts Team die Münchner schnell in Verlegenheit. Die hohe Laufbereitschaft und frühen Attacken der Kölner behagten dem Rekordmeister gar nicht.

Dabei hatte Bayern-Trainer Julian Nagelsmann trotz des 1:1-Dämpfers bei RB Leipzig zum Neustart nach der WM-Pause noch behauptet: «Unser Selbstvertrauen ist nicht weniger geworden.» Doch es dauerte, ehe Serge Gnabry erstmals Gefahr vor das Tor der Gäste brachte (14.).

Der Nationalspieler hatte vor der Partie mit einem Ausflug nach Paris auf den Laufsteg einer Modemesse für Aufsehen und Diskussionen gesorgt. «Wichtig ist, dass die richtige Antwort dann immer auf dem Platz liegt», hatte Nagelsmann dies kommentiert. Der unglückliche und fahrige Auftritt von Gnabry war ganz sicher nicht das, was der Trainer gemeint hatte. Zur Pause war für Gnabry Schluss.

Bayern fehlt Präzision

Aber auch seinen Kollegen fehlte es trotz gewohnt viel Ballbesitz an Ideen und Präzision in der Offensive. In der Abwehr zeigten sich die Gastgeber bisweilen wacklig. Sommer bewahrte die Münchner sogar vor dem 0:2, als er mit einer Hand vor dem einschussbereiten Skhiri klärte (29.).

Nach einer kurzen Kabinenansprache schickte Nagelsmann in Kingsley Coman und Ryan Gravenberch zwei Neue aufs Feld. Gnabry und der angeschlagene Leon Goretzka mussten weichen. Die Bayern wurden nun etwas zielstrebiger, Kölns Torwart Schwäbe konnte sich mehrfach auszeichnen. Vor allem Coman brachte etwas mehr Tempo und Frische ins meist einfallslose Spiel der Münchner.

Noch im WM-Loch steckt auch Jungstar Jamal Musiala, der wegen akuter Wirkungslosigkeit gegen Müller ausgetauscht wurde. Besser wurde es für die Bayern dadurch nicht. In Tornähe agierte der Tabellenführer meist erstaunlich fahrig und uninspiriert. So musste ein Gewaltakt von Kimmich herhalten, um die erste Heimpleite seit mehr als einem Jahr zu verhindern.

Klaus Bergmann, Christian Kunz und Christian Hollmann, dpa