Um seinen weltweit herausragenden Sportler braucht sich der Deutsche Leichtathletik-Verband derzeit offenbar keine Sorgen zu machen.
Speerwerfer Johannes Vetter bestreitet sein Comeback nach überwundenen Adduktorenproblemen am Samstag in Kuortane/Finnland, und der Olympia-Favorit meldet fröhlich: «Die Batterien sind voll aufgeladen» – und: «Ich bin so hungrig, wieder einen Wettkampf zu bestreiten.» Ansonsten hat der DLV vor dem Nominierungsschluss am Dienstag weiter jede Menge Problemfälle.
Die Veranstaltung #True Athletes Classics 2021 am Sonntag in Leverkusen und das internationale Meeting am Dienstag in Luzern sind die allerletzten Möglichkeiten für (Wackel)-Kandidaten, sich für die Sommerspiele zu qualifizieren. DLV-Bundestrainerin Annett Stein rechnet mit etwa 65 Tokio-Teilnehmern. Dabei könnten so einige prominente Namen fehlen, wenn der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) das endgültige Aufgebot bekanntgibt.
Zwei Olympiasieger machen Sorge
Ausgerechnet die zwei Goldmedaillengewinner von 2016 haben Riesen-Probleme: Der Berliner Diskuswerfer Christoph Harting, mit dem es seit seinem Coup von Rio nur bergab geht, hat die Norm von 66 Metern immer noch nicht und wurde im Kampf um die drei Olympia-
Tickets bisher von der nationalen Konkurrenz überflügelt. Speerwerfer Thomas Röhler zeigte bei seinem ersten Auftritt seit 2019 bei den deutschen Meisterschaften in Braunschweig einen verkorksten Wurf, meldete sich verletzt ab, versicherte aber: «Das wirft mich kein Stück zurück.»
Der 29-Jährige aus Jena muss nun in Luzern beweisen, dass er fit genug für Tokio ist. Ex-Weltmeister Vetter ist ihm ohnehin weit enteilt: Der Offenburger führt die Weltjahresbestenliste mit 96,29 Metern überlegen an. «Es ist nicht so, dass er in drei Wochen seine Form verloren hat», sagte Vetter-Coach und Bundestrainer Boris Obergföll.
Viele Fragenzeichen
Röhler gehört zu einer Reihe von verletzten Athleten, die dem Verband in der Vergangenheit schon jede Menge Medaillen brachten: Kugelstoßer David Storl, Sprinterin Gina Lückenkemper, Stabhochspringer Raphael Holzdeppe, Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz-Emmerich. Dazu kämpft Kugelstoßerin Christina Schwanitz, 2019 in Doha noch mit WM-Bronze dekoriert, nach Bandscheibenvorfall und Quarantäne um ihre Form.
Unklar ist, mit welchen Aussichten Konstanze Klosterhalfen nach Tokio reist: Die WM-Dritte über 5000 Meter trainiert in den USA, zuletzt verlautete nur, dass sie Rückenprobleme habe. Aufgrund ihrer Vorleistungen ist das Lauftalent zumindest sicher qualifiziert.
Für Klosterhalfen gilt aber das Gleiche wie für die wenigen anderen Medaillenkandidaten des DLV: Die internationale Konkurrenz ist im Olympia-Jahr – trotz der schwierigen Bedingungen in der Corona-Krise – «auf jeden Fall stärker als in den Vorjahren», wie Malaika Mihambo feststellte. Die Weitsprung-Weltmeisterin von der LG Kurpfalz hatte zuletzt Anlaufprobleme und es noch nicht über sieben Meter geschafft.
Komplizierter Qualifikationsmodus
Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul aus Mainz erlebte derweil in Götzis mit, wie der Kanadier Damian Warner mit knapp 9000 Punkten davon zog. Und Hindernisläuferin Gesa Krause (Trier) muss mal wieder der übermächtigen Konkurrenz aus Afrika hinterherhetzen.
Im komplizierten Qualifikationsmodus für Olympia kann der eine oder andere DLV-Athlet darauf hoffen, noch über die Weltrangliste ins Tokio-Team nachzurücken. Nur werden das kaum diejenigen sein, die dann als Finalkandidaten gelten und die DLV-Bilanz aufbessern. In Rio 2016 gab es neben Röhlers und Hartings Gold eine dritte Medaille: Diskuswerfer Daniel Jasinski aus Wattenscheid erkämpfte Bronze.