Leverkusens Coach im «Wechselbad der Gefühle»

Privates Glück, sportliche Sorgen: Bayer Leverkusens Trainer Gerardo Seoane hat ausgesprochen emotionale Tage hinter sich.

«Das war schon ein Wechselbad der Gefühle», sagte der Schweizer nach der 1:2-Heimniederlage des Fußball-Bundesligisten gegen den bisherigen Lieblingsgegner FC Augsburg.

Geburt seines vierten Kindes

Am Freitag hatte Seoane freudestrahlend auf der Pressekonferenz gesessen und über die Geburt seines vierten Kindes am Donnerstag zuvor erzählt. Einen Tag später saß er wesentlich betrübter auf dem Podium und versuchte, die dritte Niederlage im dritten Pflichtspiel zu erklären – und damit den größten Fehlstart Bayers seit dem Bundesliga-Aufstieg 1979. «Man muss versuchen, das zu trennen», sagte der 43-Jährige: «Eine Geburt ist etwas mit vielen wunderbaren Emotionen. Heute ist es das Gegenteil: Viel Frust, viel Enttäuschung.»

Nach Platz drei im Vorjahr galt Bayer für manchen Experten als Geheimfavorit im Titel-Rennen. Auch aus dem Club wurden ehrgeizige Ziele formuliert. «Man ist ambitioniert, man will besser werden», sagte Seoane: «Gleichzeitig erzeugt das auch intern und durch die Medien einen gewissen Druck. Man erwartet immer mehr.»

Diesen Druck schleppten seine Spieler offenbar in den missglückten Saisonstart mit Niederlagen im Pokal beim Drittligisten Elversberg (3:4) sowie in der Liga in Dortmund (1:2) und gegen den FCA, gegen den Bayer in zuvor 22 Liga-Spielen nie verloren hatte. «Das war der denkbar schlechteste Zeitpunkt dafür», sagte Club-Chef Fernando Carro: «Wir hatten Tausend Torchancen.» Seoane will jetzt erst mal die Blockaden im Kopf lösen. «Man spürt, dass wir nicht die notwendige Ruhe und Klarheit haben», sagte er: «Deshalb ist es jetzt umso wichtiger, einfacher zu werden und die Sache nicht zu erschweren.»

Glückliche Augsburger

Augsburg hatte am Ende drei Matchwinner. Den neuen Trainer Enrico Maaßen, der ein glückliches Händchen bewies, als er den ersten Torschützen Fredrik Jensen (15.) in der Startelf für André Hahn brachte – und dann Siegtorschütze Hahn (82.) als Joker. Der zuletzt in die Kritik geratene Torhüter Rafal Gikiewicz, der in der zweiten Halbzeit überragend hielt. Und eben Hahn.

Der antwortete auf die Frage, was entscheidend war, aber: «Rafa. Er hat ein überragendes Spiel gemacht. Ich weiß nicht, wie viele Hundertprozentige er gehalten hat.» Das alles ist umso bemerkenswerter, da in den vergangenen Wochen mehrfach über potenzielle Nachfolger für den Polen diskutiert worden war. «Das ist unser Geschäft», sagte Hahn: «Aber Rafa hat gezeigt, dass er sich davon nicht beeindrucken lässt. Er hat viele Argumente für sich gesammelt. Wie es weitergeht, müssen wir abwarten.»

Doch auch Hahns Geschichte war besonders. Er saß ausgerechnet an seinem 32. Geburtstag zunächst auf der Bank. «Ich hatte Anfang der Woche ein offenes Gespräch mit dem Trainer. Das war echt top», sagte Hahn. Am Geburtstag nicht zu spielen, sei «eben auch das Geschäft». Am Ende sei es doch «ein sehr schöner Geburtstag gewesen. Die Familie war extra im Stadion. Auf dem Heimweg gibt es heute sicher ein kleines Bierchen.»

Von Holger Schmidt und Lukas Fortkord, dpa